Volle Kraft voraus für Klima- und Naturschutz: Schifffahrt wird in den EU-Emissionshandel aufgenommen
Die Neufassung des EU Emissionshandelssystems (ETS) ist offiziell in trockenen Tüchern und mit ihm die Aufnahme der Schifffahrt in den ETS. Europäische Kommission, Europäisches Parlament und der Rat der EU-Mitgliedstaaten einigten sich bei noch offenen Punkten wie dem Klima- und Sozialfonds. Dass auch die internationale Seeschifffahrt in den neuen ETS aufgenommen werden soll, ist bereits seit mehreren Wochen klar. Trotzdem fehlte noch das endgültige Siegel der drei Verhandlungspartner*innen. Ich war bei den Verhandlungen zum Schifffahrtsteil im ETS dabei, denn ich konnte erreichen, die Forderung nach einer Ausweitung im Rahmen eines anderen Gesetzes zu verankern.
CO2-Emissionen in der Seeschifffahrt waren das erste Gesetz, an dem ich als Europaabgeordnete gearbeitet habe. Die Verordnung über das „Globale Datenerhebungssystem für den Kraftstoffverbrauch von Schiffen“ regelt die Datenerhebung und -nutzung zu Kohlenstoffdioxidemissionen in der internationalen Seeschifffahrt. Weil Daten allein noch keine Emissionen verringern, verhandelte ich unter anderem, dass die neue Verordnung den ETS auf die Seeschifffahrt ausdehnen müsse. Die Parlamentsposition wurde fraktionsübergreifend mit sehr großer Mehrheit angenommen. Danach passierte erstmal nichts. Die Mitgliedstaaten legten den Gesetzentwurf in die Schublade und da liegt er bis heute. Solange der Rat die Verordnung nicht wieder aus der Versenkung hebt, können keine Verhandlungen begonnen werden.
Umso erfreulicher, dass einige der zentralen Forderungen meiner Verordnung nun durch einen Umweg doch noch Realität werden. Die Ausweitung des ETS auf die Schifffahrt ist ein lange überfälliger Meilenstein, denn die Seeschifffahrt ist bis heute der einzige Verkehrssektor, der keinerlei bindenden Emissionsreduktionszielen untersteht, obwohl sie für rund 3 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist.
Was wird sich im Rahmen der ETS-Reform auf unseren Weltmeeren und in den Häfen ändern?
Schifffahrtsunternehmen müssen schrittweise mehr Emissionszertifikate einkaufen, nämlich für 40 Prozent der gemeldeten Emissionen des Jahres 2024, für 70 Prozent der Emissionen 2025 und ab dem Jahr 2026 für alle Emissionen.
Ab 2025 werden neben sehr großen Schiffen ab 5.000 Bruttoraumzahl auch Schiffe ab 400 Bruttoraumzahl ihre Emissionen melden müssen. Ebenso werden Offshore-Service-Schiffe, die beispielsweise bei Wartungsarbeiten in Windparks oder an Ölbohrplattformen eingesetzt werden, in die Datenbank einbezogen.
Kohlenstoffdioxid ist das häufigste Treibhausgas, aber auch Methan und Lachgas schaden unserem Klima und befeuern die globale Erwärmung. Deshalb werden diese beiden klimaschädlichen Gase ab 2024 in den europäischen Emissionshandel aufgenommen. Leider fand sich keine Mehrheit für die Aufnahme von Ruß in den neuen ETS. Obwohl Ruß kein Klimagas ist, lagert er sich in der Arktis ab und beschleunigt das Abtauen der Schnee- und Eisflächen, mit gravierenden Folgen für arktische Ökosysteme.
Was geschieht mit den Einnahmen des ETS?
Der neu geschaffene Innovationsfonds soll Projekte fördern, die der Dekarbonisierung und Elektrifizierung der Schifffahrt dienen, aber auch die Klimaauswirkungen von beispielsweise Ruß untersuchen. Mir war es bereits bei den Verhandlungen zur Verordnung über das „Globale Datenerhebungssystem für den Kraftstoffverbrauch von Schiffen“ wichtig, maritime Lebensräume und Arten zu schützen. Der Innovationsfonds wird hier ansetzen und Projekte fördern, die nicht nur Treibhausgase vermeiden, sondern auch die Biodiversität schützen sowie die Lärm- und Wasserverschmutzung reduzieren. Die EU-Mitgliedstaaten werden dazu ermutigt, die Einnahmen aus dem ETS verstärkt für den Schutz, die Wiederherstellung und die bessere Bewirtschaftung von Meeresökosystemen, insbesondere von Meeresschutzgebieten, einzusetzen.
Nachhaltige Technologien sollen gefördert werden und die Energieeffizienz von Schiffen und Häfen verbessert werden. Alternative Kraftstoffe wie aus erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff und Ammoniak sollen gefördert werden, aber auch die dafür nötige Infrastruktur.
Eine nachhaltigere Schifffahrt?
Die Aufnahme der Seeschifffahrt in den ETS kann in der Tat als historisch bezeichnet werden und war lange überfällig. Dadurch schließt Europa eine riesige klimapolitische Lücke und bringt Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen auf internationaler Ebene. Dass freiwillige Maßnahmen uns nicht weiterbringen, kann im Rahmen der Gespräche auf Ebene der Weltschifffahrtsorganisation beobachtet werden. Der EU-Emissionshandel betrifft nicht nur die EU-Mitgliedstaaten. Alle Schiffe, die europäische Häfen ansteuern oder verlassen, müssen sich an die neuen Spielregeln halten. Die Einigung zum neuen ETS wird die Blockade der Verordnung über Globale Datenerhebungssystem für den Kraftstoffverbrauch von Schiffen hoffentlich beenden, sodass wir dieses Gesetz noch in dieser Legislatur endlich abschließen können. Und auch ein weiteres wichtiges Gesetz befindet sich auf dem Verhandlungstisch: Ich bin an den Verhandlungen zur Verordnung für nachhaltige Kraftstoffe im Seeverkehr beteiligt (FuelEU Maritime), wo wir voraussichtlich im Frühjahr zu einem Ergebnis kommen werden.