UPDATE: Hintergrund zur EU-Richtlinie über Gebäudeenergieeffizienz
Großer Grüner Erfolg im Europäischen Parlament!
Das Europäische Parlament hat mehrheitlich die neue EU-Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD) angenommen. Mein irischer Grüner Kollege Ciarán Cuffe hat eine starke Parlamentsposition ausgearbeitet, die in ihren wesentlichen Teilen vom Parlament angenommen wurde. Jetzt geht es in die Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, Europäischer Kommission und EU- Mitgliedstaaten. Nach der Einigung zwischen Rat und Parlament tritt die Richtlinie in Kraft.
Was ist die EU-Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD) und warum ist sie wichtig?
Die Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden stellt die Weichen für einen klimaneutralen Gebäudebestand in der EU bis 2050. Gebäude sind für etwa 40 % des Energieverbrauchs und 36 % der CO2-Emissionen in Europa verantwortlich. Mehr als Hälfte der Emissionen stammen zudem aus den beiden schlechtesten Gebäudeenergieklassen. Der Gebäudesektor ist ein Schlüsselsektor für eine gelungene Energiewende. Die steigenden Energiepreise haben die Bedeutung von Energieeffizienz und Energiesparmaßnahmen weiter verdeutlicht.
Die neue EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) soll Mindeststandards für Gebäude setzen, um Menschen vor steigenden Energiekosten zu schützen und einen wichtigen Beitrag zur Erreichung des EU-Klimaziels zu leisten.
Weniger Energieverbrauch bedeutet weniger Heizkosten und eine bessere Wohnqualität, und Energieeffizienz ist unabdingbar für den Ausstieg aus fossilen Energien. Die günstigste Energie ist die, die gar nicht erst verbraucht wird! Ziel der EPBD ist ein klimaneutraler Gebäudestand bis 2050. Die Richtlinie wird EU-Mitgliedstaaten Ziele an die Hand geben, die diese in nationales Recht umsetzen. Die Mitgliedstaaten müssen die Verfahren und die nötige Infrastruktur einsetzen, damit EU-Fördergelder für energetische Modernisierungen bei Bürgerinnen und Bürgern ankommen, die ihr Eigenheim effizienter machen möchten.
Um die Gebäudeeigentümer*innen bei diesen Verbesserungen zu unterstützen und Mieter*innen zu schützen, werden im Vorfeld der Anwendung der EPBD Finanzierungsmaßnahmen, Informationsdienste und soziale Garantien eingeführt. Die Grünen/EFA Fraktion im Europäischen Parlament hat sich im Rahmen der Verhandlungen besonders für die Verringerung von Energiearmut und die Erreichung der Klimaziele stark gemacht.
Was sind die wichtigsten Vorteile der neuen EPBD?
1. Niedrigere Energierechnungen und geringere Importabhängigkeit: Bessere Isolierung (von Fenstern, Dächern, Wänden usw.), effizientere Heiz- und Kühlsysteme, intelligente Steuerungen, erneuerbare Energien vor Ort – all dies sind Maßnahmen, die zu einer höheren Energieeffizienz führen und einen geringeren Energiebedarf und -verbrauch, bessere Lebensbedingungen und niedrigere Energierechnungen ermöglichen werden. Je effizienter und leistungsfähiger unsere Gebäude sind, desto weniger sind wir von der Einfuhr fossiler Brennstoffe abhängig und desto widerstandsfähiger ist das Energiesystem. Darüber hinaus wird mit der EPBD ein Rahmen für die Berechnung der Lebenszyklusemissionen von Gebäuden eingeführt. Dabei können die Mitgliedstaaten Höchstwerte für neue Gebäude festlegen; lokal vorhandene und nachhaltige Materialien, wie beispielsweise Holz, sollen bevorzugt werden.
2. Booster für die Elektromobilität durch Anforderungen an das Laden und die Vorverkabelung. Dadurch mittelbar Verringerung des Verbrauchs fossiler Energieträger und Steigerung der Energieeffizienz, wodurch auch die Emissionen des Verkehrssektors verringert werden.
3. Schaffung Hunderttausender lokaler, umweltfreundlicher Arbeitsplätze in den Bereichen Bau, Renovierung und erneuerbare Energien, wodurch kleine und mittelständische Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt unterstützt werden. Die Arbeitsplätze von Installateur*innen, Bauarbeiter*innen oder Zertifizierer*innen können nicht in Länder außerhalb der EU verlagert werden. Planungssicherheit für die betroffenen Branchen wird es ihnen ermöglichen, Personal einzustellen und auszubilden, die Renovierungswelle in Gang zu setzen und damit die Wirtschaft anzukurbeln.
4. Bekämpfung der Ursachen von Energiearmut und Verbesserung des Wohlstands: 31 Millionen Europäer (7 % der Bevölkerung der EU-27) waren 2019 nicht in der Lage, ihre Wohnung angemessen zu beheizen, eine Zahl, die während der Energie- und Ukraine-Krise erheblich gestiegen ist. Die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz der schlechtesten Gebäude wird zu einer Senkung der Wärme- und Stromkosten führen, was sich, kombiniert mit geeigneten Förderprogrammen, positiv auf die Armutsbekämpfung auswirken wird. Mindestanforderungen, gezielte und vorrangige Renovierung des schlechtesten Gebäudebestands, Förderregelungen und soziale Garantien werden dafür sorgen, dass alle in den Genuss der Vorteile von angemessenem Wohnraum kommen.
5. Mieter*innen werden besonders profitieren, da sie in fast allen Mitgliedstaaten die Energierechnungen bezahlen, aber keinen Einfluss auf die Energieeffizienz ihrer Wohnungen haben. Die EPBD stellt Renovierungen sicher, unterstützt Eigentümer*innen und schützt gleichzeitig Mieter*innen vor willkürlichen Mieterhöhungen oder Zwangsräumungen, da die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, soziale Garantien vorzusehen.
Welche Vorgaben schlägt das Parlament für die Richtlinie vor?
Mitgliedstaaten werden verpflichtet, Gebäude mit der schlechtesten Effizienz bis 2033 um ein bis drei Energieeffizienzklassen zu verbessern. Neben energetischer Modernisierung kann das beispielsweise durch eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Gebäudeheizung und -kühlung erfolgen oder durch lokal erzeugte erneuerbare Energien. Da das Konzept der Modernisierung sehr weit gefasst ist, sind mehrere Optionen möglich, und die kosteneffizientesten hängen von der genauen Situation des Gebäudes und des lokalen Klimas ab. Die zur Verbesserung um eine oder zwei Energieeffizienzklassen (z. B. von Klasse G auf E) erforderlichen Modernisierungen sind in der Regel „einfache“ Renovierungen mit kurzen Amortisationszeiten, wie z. B. der Austausch von einfach verglasten Fenstern durch Doppel-/Dreifachverglasung oder die Installation eines effizienteren Heizungssystems, z. B. einer Wärmepumpe.
Das bisherige System der Gebäudeeffizienzklassen wird beibehalten, aber mit klaren Maßstäben versehen: Plusenergiehäuser bekommen Effizienzklasse A+, Nullenergiehäuser bekommen Effizienzklasse A, und die schlechtesten 15% der Gebäude in dem betreffenden Mitgliedstaat müssen Effizienzklasse G oder schlechter bekommen. Alle Klassen dazwischen müssen so eingeteilt werden, dass ungefähr gleich viele Gebäude in jeder Klasse enthalten sind.
Ausstieg aus fossilen Energien im Gebäudebestand: Heizungen auf Basis fossiler Energien dürfen ab 2024 nicht mehr subventioniert werden, und fossile Heizungen sollen bis 2035 vollständig verschwinden. Allerdings wurde diese Vorgabe durch die Einführung einer Ausnahme für „Hybridsysteme“ erheblich aufgeweicht.
Klarer politischer Rahmen für die Finanzierung: Auf EU-Ebene können die Mitgliedstaaten eine Reihe von Finanzierungsinstrumenten zur Unterstützung von Renovierungen nutzen, darunter den Kohäsionsfonds, die „Fazilität für Konjunkturbelebung und Widerstandsfähigkeit“ (Corona-Wiederaufbaufonds) sowie den sozialen Klimafonds. Diese Unterstützung aus EU-Geldern wird durch weitere nationale und europäische Programme ergänzt. Dabei sollen besonders einkommensschwache Eigentümer unterstützt werden. Die Richtlinie schlägt auch neue Instrumente für die Finanzierung vor, wie beispielsweise Contracting: das Darlehen für die Modernisierung wird durch die Einsparung bei den Heizkosten zurückgezahlt.
Flexibilität für Mitgliedstaaten: Jeder Mitgliedstaat legt individuell Ziele fest, die den aktuellen Zustand der Gebäude und den klimatischen Gegebenheiten berücksichtigen und stellt einen nationalen Modernisierungsplan auf. Die Kommission wird die Pläne bewerten, um den Pfad zu einem klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 sicherzustellen.
Ausnahmeregelungen: Eine Vielzahl von Ausnahmen, u.a. für historische Gebäude, religiöse Gebäude, kleine Gebäude und Ferienhäuser wurden eingeführt. Die Mitgliedstaaten definieren jeweils, was unter historischen Gebäuden zu verstehen ist und ermitteln ihren Anteil der geschützten/historischen Gebäude. Denkmäler und Gedenkstätten fallen grundsätzlich nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie. Leider wurden auch grundsätzliche Ausnahmen gewährt, sodass bis zu einem Fünftel der schlechtesten Gebäude erst nach 2030 modernisiert werden können.