Spezies der Woche #80 – der Große Tümmler

Wusstet ihr, dass es bis in die 70er Jahre noch Delfine in der deutschen Bucht gab? Der Große Tümmler ist dank Flipper die bekannteste Delfinart. Er kommt in verschiedenen Unterarten in fast allen Weltmeeren vor und war früher auch an deutschen Küsten zu Hause. Große Tümmler gelten als die robustesten Delfine, doch Mitte des letzten Jahrhunderts wurde der Einfluss der menschlichen Nutzung in der Deutschen Bucht zu groß und der Große Tümmler ist heute dort nicht mehr heimisch.

Verbreitungsstatus in Deutschland

ausgestorben

Restvorkommen

Nordsee vor Schottland, Atlantik

Letzte Sichtung in Deutschland

1970

Lebensraum

Küsten und Tiefseegebiete

Gefährdung

Nahrungsmangel, Wasserschadstoffe, Bebauung, Beifang

Menschen fasziniert oft das soziale Wesen und die Intelligenz der Großen Tümmler. Die Faszination scheint bei den Delfinen aber ebenso zu bestehen. Neugierige Einzeltiere suchen teilweise auch über längere Zeiträume aktiv die Gesellschaft von Menschen und haben Spaß daran, Aufgaben für sie zu lösen. Leider werden sie deswegen auch im militärischen Bereich zum Aufspüren von Seeminen eingesetzt.

Die großen Tümmler haben zwei unterschiedliche Phänotypen ausgebildet. In der Nordsee scheint heutzutage nur die Küstenform vorzukommen, die meist küstennah und relativ standorttreu in verhältnismäßig kleinen Gruppen lebt. Nach Beobachtungen der Forscher der Universität Los Angeles schläft das Muttertier nach der Geburt bis zu zwei Wochen lang fast überhaupt nicht. Das Kalb bleibt in dieser Zeit ebenfalls ununterbrochen wach, doch dieser Schlafmangel schwächt es nicht, es nimmt im Gegenteil an Gewicht zu. Anschließend stellen sich bei der Mutter und ihrem Kalb kurze Schlafphasen ein, aber das Muttertier erreicht erst nach weiteren Wochen die normale Schlafdauer. Dann übernehmen auch die Großeltern die Aufsicht über das Jungtier, wenn die Mutter auf Futtersuche ist.

In einer Studie von 2005 berichteten Forscher der Universität Zürich und der Universität New South Wales (Sydney), dass einige Große Tümmler in der westaustralischen Shark Bay bei der Futtersuche Werkzeuge benutzen: Sie lösen Schwämme vom Meeresboden ab und stülpen sie über ihre Schnauze. Die Schwämme dienen als eine Art Handschuh, um die Schnauze bei der Futtersuche am Boden zu schützen. Aber nicht alle Delfine in der Shark Bay verwenden diese Technik. Um den genetischen Einfluss zu untersuchen, wurde die DNA von 13 Schwämme benutzenden Delfinen analysiert, ebenso die DNA von 172 Delfinen, die keine Schwämme benutzen. Man fand heraus, dass der Gebrauch von Schwämmen anscheinend in direkter Linie von der Mutter an die Nachkommen weitergegeben wird. Die Schwämme benutzenden Tiere zeigten eine hohe genetische Verwandtschaft. Eine weitere Studie der Royal Society ergab, dass der Gebrauch der Technik einen signifikanten Überlebensvorteil darstellt. Die Forscher nehmen an, dass die Nutzung von Schwämmen von einer weiblichen Vorfahrin erst vor relativ kurzer Zeit erfunden worden ist. Es ist das erste Beispiel für eine materielle Kultur bei Meeressäugern

Heute ist der Große Tümmler in der Deutschen Bucht nur noch ein sehr seltener Gast, dauerhafte Ansiedlungen gibt es nicht mehr. Gründe sind vermutlich Verbauung der Küste und die Kappung der Wandermöglichkeiten für Fische. So blieben die Großen Tümmler im niederländischen Marsdiep aus, nachdem vorausgegangene Abdeichungen die Frühjahrswanderungen des Herings zum Erliegen gebracht hatten.

Die Einleitung von Schwermetallen und persistenten organischen Giften wie polychlorierten Biphenylen (PCB) oder Flammschutzmitteln (HBCD) führen zu einer Anreicherung dieser Substanzen im Fettgewebe der relativ langlebigen Großen Tümmler und führen zu reduziertem Fortpflanzungserfolg und geschwächter Immunabwehr.

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Bild: By Peter Asprey, http://www.peter-asprey.com/ – Cropped version of a picture from the English Wikipedia, http://en.wikipedia.org/wiki/Image:2005-05-n2-001-3118.jpg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1962216