Spezies der Woche #124 – Sperbergrasmücke

Sperbergrasmücken sind keine Mücken, sondern eine vor allem in Ostdeutschland vorkommende Vogelart. Weil Sperbergrasmücken sehr spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum stellen, sind sie selten. Die Männchen bauen in dichten, dornigen Sträuchern mehrere Nester. Sie möchten dafür aber nicht nur genug Platz haben, sondern bauen nur an Standorten mit mindestens einem hohen Ausguck in der Nähe. Auch hinsichtlich der Arten in der Nachbarschaft haben sie Vorlieben. Ihre bevorzugten Nachbarn sind Neuntöter. Weil diese Kombination so häufig vorkommt, könnte es sein, dass beide Vogelarten vom Zusammenleben profitieren. Worin dieser Vorteil liegen könnte, ist noch Gegenstand der Forschung.
Verbreitungsstatus in Deutschland
gefährdet
Restvorkommen
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg
Letzte Sichtung in Deutschland
Sommer 2022
Lebensraum
Sonnige, extensive Wiesen, Heide und Bergbaufolgelandschaften
Gefährdung
Rodung von Gebüsch und Brachflächen, Nahrungsrückgang
Sperbergrasmücken erkennt man an ihren hellen Augen, die ihnen einen durchdringenden, strengen Gesichtsausdruck verleihen und den besonders langen Schwanzfedern. Die dunkle Oberseite ist bei beiden Geschlechtern gleich graubraun gefärbt, Männchen haben eine deutliche Bänderung und eine gelbe Iris.
Das Männchen baut im Frühjahr verschiedenen Nester, von denen das Weibchen das beste aussucht und vier bis fünf Eier hineinlegt. Diese werden von beiden Partnern bebrütet. Bei der Fütterung der Küken helfen die Männchen allerdings erst mit, wenn die Jungen etwas größer sind. Auf dem Speiseplan stehen diverse wirbellose Tiere wie Insekten oder Spinnen. Sobald im Sommer Beeren reifen, fressen die Vögel auch vegetarische Kost.
Seit dem 19. Jahrhundert führten Klimaschwankungen zu mehreren Arealerweiterungen, die aber wieder aufgegeben wurden (z.B. in Nordbayern und Baden-Württemberg). Der deutsche Gesamtbestand wurde in den 1980er Jahren auf ca. 9.000 Brutpaare geschätzt. Die Sperbergrasmücke überwintert als Langstreckenzieher im östlichen Afrika vom Südsudan bis Nordtansania. Die europäischen Brutvögel umfliegen das Mittelmeer ostwärts. Der Wegzug erfolgt zwischen Mitte Juli bis Anfang September.
Der Bestand der Sperbergrasmücken ist in ganz Europa bis auf Bulgarien rückläufig. Die Umstrukturierung landwirtschaftlicher Parzellen hat die EU als Hauptgrund für ihre Gefährdung identifiziert. Damit ist nicht nur der Verlust von Gebüsch und Einzelbäumen gemeint, sondern auch Aufforstung und Grünlandumbruch. Außerdem wird durch den Einsatz von Insektiziden das Nahrungsangebot verknappt.
Fast die Hälfte des deutschen Bestands konzentriert sich in Mecklenburg-Vorpommern, besonders in den östlichen Bereichen. Weitere 17 % aller ostdeutschen Brutpaare siedeln in Sachsen-Anhalt. Schwerpunktgebiete stellen einige Flussabschnitte der Elbe, Saale und Unstrut sowie deren Nebenflüssen dar. Sehr hohe Dichten wurden auch auf dem Truppenübungsplatz Colbitz-Letzlinger Heide bei Salchau festgestellt.
Politisch notwendig:
·       Erhalt und Entwicklung gebüschreicher, sonniger Böschungen, v. a. dornbuschreiche Dickichte in extensiv genutzten Wiesen-, Brach- und Moorflächen
·       Verbot von Pestizideinsatz in Naturschutz- und Natura 2000 Gebieten
·       Effektiver Schutz von Trocken – und Magerrasen
 
Bild: By Medenica Ivan – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=61000003