Spezies der Woche #110 – Biegsames Nixenkraut

Das Biegsame Nixenkraut wächst dort, wo die Wassernixen wohnen, weiß eine österreichische Sage. Leider scheinen die Wassernixen in den 1970ern ausgewandert zu sein. Denn seitdem gibt es kein Nixenkraut mehr in Deutschland. Im Millstätter See im österreichischen Kärnten scheint man besser für die Nixen zu sorgen: der Millstätter See wurde 2002 vor allem wegen des Vorkommens des Biegsamen Nixenkrauts zum FFH-Schutzgebiet erklärt und ist von Deutschland aus die nächstgelegene Möglichkeit, das Nixenkraut in natura zu sehen.

Verbreitungsstatus in Deutschland Ausgestorben
Restvorkommen Irland, Schweden, Österreich
Letzte Sichtung in Deutschland 1980 am Bodensee
Lebensraum Nährstoffarme, kalkreiche Süßwasserseen
Gefährdung Wasserverschmutzung

Das Biegsame Nixenkraut ist in ganz Europa gefährdet. Die größten Bestände gibt es noch in Irland, kleinere Vorkommen in Schottland, Schweden und Österreich. Es ist sommergrün, einjährig und in Flachwasserzonen nährstoffarmer Süßwasserseen anzutreffen. Es wächst vollständig untergetaucht mit fünf bis 30 Zentimeter langen, biegsamen und reich verzweigten Stängeln am Seegrund, bei guten Lichtverhältnissen sogar bis in sechs Meter Tiefe in großen wogenden Teppichen. Auch zur Blütezeit erreichen die Triebe mit den unscheinbaren Blüten nicht die Wasseroberfläche. Die Bestäubung der Blüten findet vollständig unter Wasser allein durch die Strömung statt. Diese Art der Bestäubung nennt man Hydrophilie; sie ist sehr selten bei Samenpflanzen zu finden. Im Herbst stirbt die Pflanze ab, und die Samen treiben zunächst auf dem Wasser, bis sie schließlich zu Boden sinken. Keimungsversuche mit schottischem Pflanzenmaterial zeigten, dass die Samen am besten nach einer mehrmonatigen Kälteperiode im Licht unter sauerstofffreien Bedingungen und Temperaturen > 16°C keimen. Ein Überleben der Samen auf dem Trockenen, z.B. bei sehr niedrigen Wasserständen, ist ebenfalls möglich.

Das Zusammenspiel der verschiedenen Pflanzeneigenschaften, wie etwa der einjährigen Lebensspanne, dem Fehlen vegetativer Vermehrung, der untergetauchten Lebensweise und der ungerichteten Bestäubung der Blüten durch das Wasser, machen die Art äußerst empfindlich gegenüber Einflüssen von außen und Lebensraumveränderungen. Das Biegsame Nixenkraut ist auf besonders klares und sauberes Wasser angewiesen. Nährstoffeinleitungen durch Abwasser, landwirtschaftliche Einträge, sauren Regen und andere Verschmutzungen, können zum Ausfall der Samenproduktion und zu geringerem Wachstum der Pflanzen führen.

Nachteilig ist auch die mit dem Nährstoffeintrag einhergehende Alkalisierung der Gewässer, da bei höheren pH-Werten zunehmend Hydrogencarbonat bzw. Carbonat anstelle von freiem Kohlendioxid vorliegt. Hydrogencarbonat kann von den meisten konkurrierenden Wasserpflanzenarten genutzt werden, vom Nixenkraut nicht. Es kann ausschließlich freies CO2 als Kohlenstoffquelle verwenden.

Die Art gilt als Relikt früherer Wärmephasen nach der letzten Eiszeit, in der sie, gemäß fossiler Funde, ein wesentlich größeres Gebiet besiedeln konnte.

In Deutschland gilt das Biegsame Nixenkraut als verschollen, da der letzte Nachweis vom Bodensee über 40 Jahre zurückliegt. Im Bodensee sind die letzten Exemplare mit dem Anstieg des Nährstoffgehalts im Wasser Mitte der 70er Jahre ausgestorben. Erst seit den 80er Jahren nimmt dort die Nährstoffbelastung wieder ab, das Nixenkraut ist dort aber nicht mehr zu finden. Im Norddeutschen Tiefland, wo die Art ohnehin sehr selten zu finden war, ist sie ebenfalls seit langem ausgestorben.

Für Deutschland ist das Biegsame Nixenkraut eigentlich eine Verantwortungsart, also eine Art, auf die man wegen ihres einzigartigen Vorkommens besonders achtgeben und Maßnahmen ergreifen muss. Derzeit können jedoch keine direkten Maßnahmen zur Erhaltung der Art durchgeführt werden, da kein einheimisches Pflanzenmaterial in Form von Samen oder Erhaltungskulturen verfügbar ist.

Politisch notwendig:

·         Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der früheren Siedlungsgewässer mit entsprechend nährstoffarmen Gewässerbedingungen

·         Finanzierung von Forschungs- und Naturschutzprojekten zur Suche und Wiederansiedlung an geeigneten Standorten.

 

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Foto : By Robert H. Mohlenbrock @ USDA-NRCS PLANTS Database / USDA NRCS. 1995. Northeast wetland flora: Field office guide to plant species. Northeast National Technical Center, Chester. – http://plants.usda.gov/java/largeImage?imageID=nafl_002_ahp.tif, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6229128