Spezies der Woch #96 – Kriechender Sellerie
Der Kriechende Sellerie ist eine sogenannte Verantwortungsart. Das bedeutet: er hat seinen Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland, auch wenn er ehemals auch in ganz Europa vorkam. Mittlerweile ist der Kriechende Sellerie europaweit vom Aussterben bedroht und meist in einem schlechten Erhaltungszustand. Allerdings ist er auch bei uns stark bedroht. Das letzte Vorkommen in Rheinland-Pfalz in Ingelheim ist 2004 erloschen. Die beiden größten deutschen Vorkommen finden sich im Donaugebiet und im Voralpenraum.
Verbreitungsstatus in Rheinland-Pfalz | ausgestorben |
Restvorkommen | Brandenburg, Bayern |
Letzte Sichtung in Rheinland-Pfalz | 2004 Ingelheim |
Lebensraum | Feuchte Ufer und Wiesen mit offenen Stellen |
Gefährdung | Nutzungsaufgabe, Intensive Landwirtschaft, Entwässerung |
Der Kriechende Sellerie ist in vielen europäischen Ländern beheimatet und liebt nasse Füße, egal ob an Gewässern, in feuchten Wiesen oder entlang von Wegen. Diese Bedingungen findet er vor allem im zeitweise überschwemmten Bereich stehender oder langsam fließender Gewässer, aber auch in Gräben, Nasswiesen, Flutrasen oder feuchten Wegen.
Als typische Pionierpflanze wächst er vielfach dort, wo natürlicherweise oder durch den Menschen verursacht „Lücken“ in der Pflanzendecke entstehen und genügend Licht vorhanden ist. Somit sind immer wiederkehrende, kurzfristige Störungen, zum Beispiel durch Beweidung, für seinen Erhalt notwendig. Häufig findet man den Kriechenden Sellerie in Weide- oder Mähweideflächen, aber auch in Spiel- und Liegewiesen im Bereich von Bade- oder Bootsanlegestellen.
Der Kriechende Sellerie ist ein immergrüner, aber niedrig wachsender Doldenblütler der neue Gebiete schnell besiedeln kann. Das verschafft ihm eigentlich einen Überlebensvorteil. Die im Wasser lebenden oder häufig überfluteten Pflanzen vermehren sich hauptsächlich vegetativ, also durch Ausläufer, während sich die Landformen des Kriechenden Selleries meist über Samen vermehren. Die Fähigkeit, wurzeltreibende Ausläufer zu bilden, ermöglicht es dem Kriechenden Sellerie, schnell neu entstandene Lebensräume zu erobern und in kurzer Zeit vergleichsweise große Bestände aufzubauen. Dazu kommt, dass sich durch Verletzung (z.B. Tritt oder Mahd) abgetrennte Teilstücke bei Bodenkontakt bewurzeln. Allerdings wird der Kriechende Sellerie wegen seines niedrigen Wuchses schnell von anderen Pflanzen überwachsen.
Der Kriechende Sellerie hat eine weitere Fähigkeit, die seine Widerstandskraft stärkt: seine Samen sind sehr langlebig und können ungünstige Umweltbedingungen unterirdisch überdauern, um nach mehreren Jahren erneut zu keimen. Dies ermöglicht es der Art, bei Eintreten geeigneter Wuchsbedingungen wieder in Erscheinung zu treten. Deshalb sollten auch auf Flächen mit ehemaligen Vorkommen des Kriechenden Selleries geeignete Wuchsbedingungen wiederhergestellt werden, da die Bestände reaktiviert werden können. Allerdings fehlen genaue Erkenntnisse, wie lange die Samen im Boden überleben können.
Politisch notwendig:
· Renaturierung von Flussufern
· Schutz von Gewässerrandstreifen
· Förderung von Umstellung von intensive auf extensive Weidetierhaltung
· Stärkung bestehender extensiver Weidetierhaltung
Hier geht’s zu weiteren, spannenden Spezies der Woche
Foto Von Stefan.lefnaer – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=62130255