PRESSEBRIEFING zur EU-Methanverordnung
I. Hintergrund
Der Klimakiller Methan:
- Zweitwichtigstes Treibhausgas, Konzentration in der Atmosphäre derzeit höher als je zuvor seit Beginn der Messungen. Kurze Lebensdauer: nach ca. 12 Jahren wird Methan zu Kohlendioxid (CO2) abgebaut, aber berechnet über einen Zeitraum von 20 Jahren ist Methan 80 Mal so klimaschädlich wie CO2.
- Laut aktuellstem Synthesebericht des Weltklimarats IPCC kann das Ziel einer Beschränkung der Erderwärmung auf 1,5 Grad nur mit Maßnahmen zur Methanreduktion erreicht werden. Die Halbierung der Methanemissionen bis 2030 kann den globalen Anstieg der Durchschnittstemperatur um 0,3 Grad Celsius verringern.
- Keine Entschuldigungen mehr: Im Energiesektor können 75 Prozent der Methanemissionen ohne zusätzliche Kosten verringert werden.
- Mehr als die Hälfte (59 %) des Methanausstoßes weltweit ist menschengemacht: Landwirtschaft (ca. 45-50 %), Abfallwirtschaft (25 %) und Energiesektor (25-30 %). Für Europa ist die Aufteilung auf die Sektoren geringfügig verschieden, mit 53% Landwirtschaft, 26% Abfallwirtschaft und 19% Energiesektor. Die Methanemissionen des Energiesektors in der EU beliefen sich 2021 auf 3,1 Millionen Tonnen.
EU-Methanverordnung:
- Bis heute gibt es – mehr als 20 Jahre nach der ersten Methanstrategie der EU-Kommission – keine Regulierung von Methan in der EU; EU-Methanstrategie wurde im Green Deal angekündigt, 2020 veröffentlicht. Initiativbericht des EU-Parlaments zur Methanstrategie forderte bereits die Adressierung aller Sektoren sowie die Ausweitung auf Importe.
- Erreichung des EU-Klimaziels erfordert zwingend auch eine Methanreduktion. Methanemissionen werden nicht im Emissionshandel adressiert, sondern fallen unter die EU- Lastenteilungsverordnung.
- Auf Initiative u.a. der EU haben sich über 100 Staaten auf den UN-Klimakonferenzen 2021 und 2022 zum Global Methane Pledge: Ziel einer Verringerung von Methan um mindestens 30 Prozent bis 2030.
- bezogen auf die weltweiten Auswirkungen kann die EU-Methanverordnung zum weitreichendsten EU-Klimagesetz im Green Deal werden
- Methan ist für 24 % der Erderwärmung verantwortlich und ein Vorläufer für die Bildung von Ozon. Das macht Methan nicht nur zu einem Klima- sondern auch zu einem Umwelt- und Gesundheitsproblem.
Positionen der Verhandlungspartner:
- Europäische Kommission: insgesamt guter Vorschlag, aber nur Maßnahmen für den Energiesektor.
- Rat der Mitgliedstaaten: nah an Position der Industrie; Ratsposition verwässerte Kommissionsvorschlag stark. Ungewöhnlich deutliche Kritik der Energiekommissarin Simson: „[…] Die Änderungen […] stellen eine erhebliche Ambitionsminderung dar und könnten uns daher daran hindern, bereits kurzfristig wirksame Reduktionen der Methanemissionen zu erreichen. Es ist wichtig, dass die Gesetzgebung, die wir zur Methanminderung verabschieden, uns nicht hinter viele unserer Energiepartner und auch hinter das zurückwirft, was Marktteilnehmer in Bezug auf bewährte Verfahren der Branche zur Kontrolle ihrer Methanemissionen bereits heute tun.“
Zeitplan EU-Methanverordnung:
- Abstimmung in den Ausschüssen ENVI und ITRE: Mittwoch, 26. April, 14:30-15:15
- Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments in der Woche vom 8. bis 11. Mai
- Danach Beginn der Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission
II. Lage im Europäischen Parlament
Zentrale Forderungen:
- Importe: Der Parlamentsvorschlag weitet die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen auf die gesamte Lieferkette fossiler Importe aus. Die EU importiert mehr als 4/5 ihres Gas- und Ölbedarfs sowie 2/5 ihres Kohlebedarfs. Ohne die Ausweitung auf Importe ist die EU-Methanverordnung wirkungslos.
- Verbot des Ablassens und Abfackelns von Methan: Routinemäßiges Ablassen und Abfackeln wird verboten. Parlamentsposition stärkt den Kommissionsvorschlag und fordert ein 99% Effizienzziel. Leckagen müssen aufgespürt, gemeldet und geschlossen werden. Vorbild ist Norwegen, das aufgrund von Methangesetzgebung und -besteuerung eine Methanintensität seiner Produktion von lediglich 0,02 Prozent aufweist (EU-Durchschnitt: 0,2 Prozent).
- Methanreduktionsziel: Parlament fordert die Kommission auf, bis 2025 einen Vorschlag für ein klares Methanreduktionsziel für alle betroffenen Sektoren vorzulegen.
- Kohle: Grenzwert von maximal 5 Tonnen Methanemissionen auf 1000 Tonnen Kohleproduktion ab 2027 und maximal 3 Tonnen ab 2031. Das gibt Polen mehr Zeit zur Umsetzung, das historisch und gesellschaftlich bedingt in einer schwierigeren Ausgangslage ist.
- Stillgelegte und verlassene Kohleminen: Parlament fordert die Kommission auf, einen Delegierten Rechtsakt für Kokskohle vorzulegen. Mitgliedstaaten müssen verlassene Minen erfassen und einen Zeitplan zur Methanreduktion innerhalb von drei Jahren annehmen.
- Ausweitung auf den petrochemischen Sektor: Neben dem Gas-, Kohle und Ölsektor fordert das Parlament auch eine Einbeziehung der Petrochemie in die EU-Methanverordnung. Grund: in der chemischen Industrie werden im Wesentlichen dieselben Technologien und Vorrichtungen verwendet wie in der Öl- und Gasindustrie. Mit dem Rückgang der Nutzung von Öl und Gas als Energieträger wird der Anteil der Petrochemie am Verbrauch fossiler Brennstoffe steigen.
Politische Bewertung
- Breite, fraktionsübergreifende und vollumfängliche Unterstützung der Parlamentsposition (Ausnahme: extreme Rechte ID-Fraktion); die LINKE unterstützt nur den Kompromiss zu Kohle nicht
- Win-win für Energiesouveränität und Klimaschutz: Mit dem Parlamentsvorschlag könnten 75 % der EU-Methanemissionen im Energiesektor – 2,33 Millionen Tonnen – vermieden werden, Das entspricht etwa 3,2 Milliarden Kubikmeter oder ungefähr dem Gasverbrauch der Niederlande.
- Würde die EU-Methanverordnung auch auf Importe in die EU angewandt, würde dies jährlich 400 Millionen Tonnen CO2 Äquivalent verringern, umgerechnet zwei Drittel der Emissionen Deutschlands.
- Geld ist nicht das Problem: 3 % des Jahresgewinns der Öl- und Gasindustrie würden ausreichen, um 80% der Emissionen zu vermeiden.