Meine Position zu EU-Covid19-Zertifikaten
Mich haben zahlreiche Anfragen aus der gesamten EU zu den geplanten EU-Covid19-Zertifikaten erreicht. Vielen Dank an alle Bürgerinnen und Bürger für die Beteiligung an dieser wichtigen Debatte!
Das Europäische Parlament hat nun seine Position zu Covid19-Zertifikaten abgestimmt und wird in die Verhandlungen mit Rat und Kommission treten. Einige EU-Mitgliedstaaten haben bereits angekündigt, weiterhin oder parallel auf nationale Alleingänge setzen zu wollen. Das ist der falsche Weg, denn wir brauchen endlich eine harmonisierte Lösung. In den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten gilt es zudem zu verhindern, dass wissenschaftlich nicht gedeckte Annahmen in die Zertifikate Eingang finden oder das von uns Grünen hart erkämpfte kostenlose Testangebot an der Grenze gekippt wird. Und natürlich dürfen die vom Europäischen Parlament geforderten Datenschutzvorgaben auf keinen Fall verwässert werden.
Für mich bietet das EU-Covid19-Zertifikat die Möglichkeit, medizinische Daten mit vergleichbaren Standards zu dokumentieren. Gemeinsame Regeln zur Dokumentation von Impf-, Test- und Genesungsstatus zu Covid19 sind wichtig, um die gegenseitige Anerkennung von Tests und Impfungen in der EU zu erleichtern. Derzeit stecken aufgrund der unübersichtlichen und uneinheitlichen Regeln zur Gültigkeitsdauer von Tests Menschen, die beruflich reisen müssen, in der Bürokratie der Mitgliedsstaaten fest. Das Europäische Parlament fordert daher gemeinsame Kriterien zur Anerkennung von Tests und Impfungen, um die Reisefreiheit zu erleichtern. Dabei muss die Wahlfreiheit zwischen Papier- und Digitalzertifikaten gegeben sein.
Was wurde nun am 29. April abgestimmt?
EU-Covid19-Zertifikate dürfen Grundfreiheiten nicht einschränken oder garantieren. Das Covid19-Zertifikat darf deshalb keine Voraussetzung für Reisen sein. Menschen, die sich nicht impfen lassen können oder wollen, dürfen nicht benachteiligt werden. Deshalb müssen die EU-Mitgliedstaaten Tests kostenlos und flächendeckend anbieten. Auch darf kein falsches Sicherheitsgefühl entstehen. Die Abstands- und Hygieneregeln bleiben bis auf Weiteres die wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Dazu gehört auch der persönliche, verantwortungsvolle Verzicht auf nicht zwingend notwendige Reisen.
EU-Covid19-Zertifikate müssen aber ausnahmslos auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhen. Gut ist, dass sie nur für von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA oder der Weltgesundheitsorganisation WHO autorisierte Impfstoffe ausgestellt werden dürfen. Andererseits enthalten sie die fragwürdige Annahme, dass eine Person 10 Tage nach dem ersten positiven Testergebnis immun ist. Dies wurde leider nur um einen optionalen Test auf Antikörper ergänzt. Mit der Gleichsetzung von Schnelltests und PCR-Tests bin ich auch nicht glücklich; wenigstens werden nur geprüfte Schnelltests mit mindestens 90 % Sensitivität und 97 % Spezifität anerkannt.
In jedem Fall muss sichergestellt werden, dass das EU-Covid19-Zertifikat nur die allernotwendigsten persönlichen Daten enthält und die EU-Datenschutzgrundverordnung eingehalten wird. Die unzulässige Speicherung oder gar Weitergabe von Patientendaten von Fluglinien, Hotels und anderen kommerziellen und staatlichen Akteuren wird damit strafbar. Mitgliedsstaaten und die Kommission müssen Vergehen in diesem Bereich konsequent verfolgen.
Viele, die mir geschrieben haben, waren auch hinsichtlich der Fälschungssicherheit der Zertifikate besorgt. Nun bin ich zugegebenermaßen keine Expertin auf diesem Gebiet. Die Fachabgeordneten in unserer Fraktion haben jedoch das Verfahren der public-private-key-Infrastruktur positiv bewertet. Sorge bereitet allerdings das von Bundesgesundheitsminister Spahn in Deutschland geplante Vorgehen, nach dem beliebige Arztpraxen oder Apotheken aufgrund der Einträge im gelben Papier-Impfpass „unkompliziert“ ein digitales Zertifikat ausstellen dürfen. Dabei werden bereits jetzt gefälschte Impfpässe im Internet angeboten! Hier muss Sicherheit vor Schnelligkeit gehen: eine Eintragung kann nur durch die Stelle erfolgen, die die Impfung durchgeführt hat und dies anhand ihrer eigenen Dokumentation nachvollziehen kann.
Fazit: Das Europäische Parlament hat eine insgesamt gute Position zu den geplanten Covid19-Zertifikaten erarbeitet. Die unbefriedigenden Vorgaben beim Genesungsstatus müssen in den Verhandlungen mit Kommission und Rat nachjustiert werden. Auf keinen Fall darf es zu einer Verschlechterung der vom Parlament angenommenen Forderungen kommen, vor allem hinsichtlich einer Aushöhlung des Datenschutzes und der anerkannten Impfstoffe und Tests.