Klimaschutz – Senken schützen
Klimaschutz hat viele Façetten.
Natürlicherweise befindet sich das wichtigste Treibhausgas Kohlendioxid im Kreislauf: CO2 wird durch wachsende Pflanzen aufgenommen, verrottende oder verbrennende setzen es wieder frei. Ebenso Tiere und Menschen, die kohlenstoffhaltige Nahrung zu sich nehmen, Sauerstoff ein- und Kohlendioxid ausatmen. Werden tote Pflanzen oder Tiere unter Sauerstoffabschluss in geologische Schichten verfrachtet und hohen Drücken ausgesetzt, entstehen fossile Brennstoffe – Kohle, Erdgas oder Erdöl. Vulkane setzen große Mengen Kohlendioxid frei, durch Gesteinsverwitterung wird es wieder gebunden. Das System wird auf Wikipedia sehr schön erklärt: https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffzyklus
Beim Klimaschutz liegt der Fokus meist auf der Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen. Das ist auch wichtig und richtig – nicht vergessen dürfen wir aber auch die Senken, also die ökologischen Systeme, die CO2 aufnehmen und speichern können. (Geologische Speicherung spielt für das aktuelle Problem keine Rolle; die Zeiträume sind einfach zu lang.)
Der Löwenanteil des von Menschen freigesetzten CO2s wurde und wird durch die Ozeane aufgenommen. Das hat bereits zu deutlichen Veränderungen im pH-Wert (Säuregehalt) geführt, denn wenn sich Kohlendioxid im Wasser löst, entsteht Kohlensäure. Das kann dazu führen, dass viele Kleinstlebewesen keine Kalkschalen mehr ausbilden können und die ozeanische Nahrungskette zusammenbricht. Die komplizierte Ozeanphysik und -chemie muss aber noch weiter erforscht werden, bevor verlässliche Aussagen dazu getroffen werden können. Klar ist allerdings: je mehr sich unser Planet erwärmt, desto geringer wird die Fähigkeit der Ozeane, CO2 aufzunehmen.
Senken außerhalb der Meere
An Land stehen an erster Stelle die Moore. Das liegt daran, dass die Moorvegetation – Torfmoose – CO2 aus der Luft aufnimmt, aber nicht mehr abgibt. Denn aus den Torfmoosen entsteht Torf, der den gebundenen Kohlenstoff speichert. Unter normalen Bedingungen – saurer, wassergesättigter Boden – wird der Torf nicht abgebaut und der Kohlenstoff verbleibt im Boden. Wird aber das Moor für den Torfabbau oder für landwirtschaftliche Nutzung entwässert, verliert es seine Eigenschaft, CO2 zu binden. Noch schlimmer, der gebundene Kohlenstoff wird freigesetzt, als Kohlendioxid oder als Methan, das noch stärkere Treibhausgaswirkung entfaltet. Der Erhalt und die Wiedervernässung von Mooren sind daher ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. In den Mooren lagert (weltweit) doppelt soviel Kohlenstoff wie in allen Wäldern zusammen. Während in Deutschland nur Reste der ursprünglich vorhandenen Moore verblieben sind, gibt es in der Europäischen Union noch große Moorgebiete, die es zu erhalten gilt. Irrsinnigerweise wird aber im Baltikum Weißtorf abgebaut, der bei uns von Gemüsebauern und Privatgärtnern genutzt wird. Dabei gibt es mit Kompost, Rindenhumus oder Holzfasern genügend Alternativen. Bei einem vollständigen Ersatz des Torfes in Gartenerden und dem damit einhergehenden Stopp der industriellen Abtorfung würden allein in Deutschland jährlich über fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr vermieden. Das ist in etwa die Menge, die 500.000 Deutsche pro Jahr verursachen. Um den Klimaschutz europaweit voranzubringen, sollten Agrarsubventionen auf Moorböden nur für Bewirtschaftungsformen gezahlt werden, die die Kohlenstoffbindung erhalten.
Kohlenstoffspeicher Wald
Wälder stellen für viele Menschen den Inbegriff des Kohlenstoffspeichers dar. Es gilt aber zu differenzieren: in jedem Fall darf nicht mehr Holz aus dem Wald entnommen werden als nachwächst, denn nur das nachwachsende Holz bindet CO2. Sinnvoll ist es auch, das entnommene Holz in einer möglichst vielteiligen Kaskade zu nutzen: Bau- oder Möbelholz verlängert die CO2-Bindung, aus Altholz können noch Spanplatten oder Papier hergestellt werden, und erst am Schluss steht die Verbrennung. Außerdem haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in einer weltweit durchgeführten Studie – zur Überraschung vieler – festgestellt, dass alte und artenreiche Wälder mehr CO2 binden als junge. Teilweise hängt dies vermutlich mit dem Humusaufbau in alten Wäldern zusammen, teils schlicht mit der Größe der Bäume (und damit der verfügbaren Blattoberfläche). Wälder können bei ungünstigen Bedingungen sogar zu CO2-Quellen werden. Es gibt Hinweise, dass dies beim Amazonas-Regenwald bereits teilweise der Fall ist, weil die veränderten Niederschlagsmuster das Ökosystem stören. Drastisch sind auch die Auswirkungen der Waldrodung in Indonesien, weil mit der Entwässerung der darunter liegenden Torfschichten eine enorme CO2-Freisetzung einher geht. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die noch vorhandenen tropischen Wälder vollständig erhalten werden könnten. Allerdings sollten europäische Staaten, die ihren eigenen Urwald bereits vor langer Zeit vernichtet haben und die Abholzung in den Tropen durch ihre Nachfrage nach den in der Folge angebauten Produkten voran treiben, mit Ratschlägen an andere Länder zurückhaltend sein. Stattdessen sollten wir in der EU aufforsten und Programme zur nachhaltigen Waldnutzung auflegen – und zum verstärkten Einsatz von Holz im Baubereich, wo es energieaufwändig hergestellte Materialien wie Beton und Aluminium ersetzen kann.
Kohlenstoffspeicher Grünland
Ein unterschätzter Kohlenstoffspeicher ist Grünland: das Bundesamt für Naturschutz geht davon aus, dass bis zu einem Drittel des in deutschen Böden gespeicherten Kohlenstoffs in den gerade mal 10 % Grünland zu finden ist. Es dauert auch sehr lange, bis ein Gleichgewicht aus Kohlendioxidbindung und -emission erreicht ist. Besteht eine Wiese weniger als 100 Jahre, so ist davon auszugehen, dass sie noch in der Phase der Anreicherung ist. Auch weltweit ist Grasland, also Prärien, Steppen und Savannen, ein wichtiger Kohlenstoffspeicher, der allerdings durch die zunehmende Ausweitung des Ackerbaus zurückgeht. Denn beim Umbruch von Grünland wird der im Boden gebundene organische Kohlenstoff binnen weniger Jahre freigesetzt. Deshalb sollte der Erhalt extensiv genutzten Grünlands besonders gefördert und ein generelles Umbruchverbot – selbstverständlich mit finanzieller Entschädigung – erlassen werden.
Kohlenstoffsenke Permafrost
Problematisch ist die Veränderung bei den arktischen Böden. Bislang waren die Bedingungen für einen mikrobiellen Abbau organischen Kohlenstoffs zu Kohlendioxid sehr schlecht: auch im wärmsten Sommermonat mittlere Temperaturen unter 10 °C, wenig Sauerstoff im feuchten Boden, unter dem Oberboden liegt eine Permafrostschicht, die auch im Sommer nicht auftaut. Je wärmer es aber in der Arktis wird, desto aktiver werden Mikroorganismen. Außerdem tauen die Permafrostschichten auf, sodass Methan und CO2 freigesetzt werden. Methan ist ein äußerst potentes Treibhausgas: auf 20 Jahre gerechnet, ist es fast 90-mal so wirksam wie CO2 und facht die Klimakrise weiter an. Daher ist das Auftauen des Permafrosts ein sogenannter Kipp-Punkt: einmal überschritten, lässt sich der ursprüngliche Zustand nicht mehr erreichen.