Fliegen – Gift für die Klimabilanz
Viele Menschen versuchen, klimafreundlich zu leben. Sie nutzen im Alltag Fahrrad und ÖPNV oder gehen zu Fuß, kaufen wenig verarbeitete Lebensmittel aus regionalem und ökologischem Anbau, nutzen Kleidung und andere Gebrauchsgegenstände möglichst lange und ziehen im Winter einen Pullover über, statt die Wohnung auf 21 °C zu heizen. Leider macht schon ein einziger Langstreckenflug diese Bemühungen nahezu zunichte. Für einen einfachen Flug von Frankfurt nach New York (12.400km) werden pro Person 4,5t CO2 ausgestoßen Mit einem Mittelklassewagen könnte man dafür knapp 25.000 km weit fahren.
Häufig höre ich das Argument, dass Langstreckenflüge für das Klima vertretbar wären, weil sie auf 100 km betrachtet nur 3 – 4 Liter Kerosin pro Passagier verbrauchen. Zum einen wird hier ausgeblendet, dass der Kerosinverbrauch beim Start und bei der Landung wesentlich höher ist als in der Luft. Zum zweiten ist eine Reise mit dem vollbesetzten PKW oder der Bahn immer noch energiesparender. Und zum dritten: niemand käme auf die Idee, für einen zweiwöchigen Urlaub 6.000 km mit Auto oder Bahn anzureisen. Nur die Möglichkeit, solch große Strecken in so kurzer Zeit und zu lächerlich niedrigen Preisen zurückzulegen, hat zum Flug-Boom geführt.
Eine Bilanz des Fliegens
Fakt ist: Die Luftfahrt ist im Vergleich zu anderen Beförderungsmethoden unter Berücksichtigung aller weiteren Quellen für Treibhausgase, wie die Wartung der Flugzeuge, der Start- und Landebahnen, der Flughäfen usw. einer der größten Emittenten von Kohlendioxid. Zusätzlich tragen Kondensstreifen und die daraus entstehenden Zirruswolken selbst zum Treibhauseffekt bei.
Luftfahrt | PKW/LKW | Bahn | |
Personenverkehr | 255,8g CO2 pro Personenkilometer (PKM) | 162,6g CO2 pro PKM | 65,4g CO2 pro PKM |
Güterverkehr | 931,5g CO2 pro Tonnenkilometer (TKM) | 93,6g CO2 pro TKM | 33,6g pro TKM |
Diese Zahlen zeigen sehr deutlich, dass die Bahn im Güter- und Personenverkehr gegenüber anderen Verkehrsformen klar überlegen ist. Eklatant ist aber der Unterschied zwischen Luftfahrt und allen anderen Beförderungsmethoden. Man muss nicht Mathematik studiert haben, um zu verstehen, dass die Luftfahrt langfristig komplett auf Erneuerbare umgestellt werden muss. Da die Flächen für „biofuels“ begrenzt sind, muss die Nutzung der Luftfahrt infolgedessen drastisch eingeschränkt werden. Immerhin tragen die Emissionen des Flugverkehrs zu knapp 5% zu den globalen Emissionen bei; das entspricht etwas mehr als einem Drittel der weltweiten CO2-Emissionen für den Transportsektor (14%).
Wenn wir noch rechtzeitig die Kurve kriegen, und das 1,5°-C Ziel einhalten wollen, müssen wir uns alle auf radikale Veränderungen einstellen. Und das heißt auch, dass Europäer*innen und Nordamerikaner*innen ihre Gewohnheiten verändern müssen. Urlaub kann man auch im eigenen oder im Nachbarland machen, wo man bequem mit Reisebus oder Zug hinfahren kann. Selbst die Anfahrt mit dem Auto wäre emissionssparender! Es wird mit Sicherheit nicht an schönen und entspannenden Ausflugszielen mangeln, denn oft liegen die schönsten Ziele direkt um die Ecke. In einer Welt, die an ihre ökologischen Belastungsgrenzen kommt, kann es kein Menschenrecht auf Fernreisen geben.
Unsere Gewohnheiten
Wer wirklich nicht auf das Fliegen verzichten kann, sollte wenigstens einen CO2-Ausgleich bezahlen, damit die Auswirkungen auf das Klima nicht ganz so groß sind -am besten ist es natürlich, nicht zu fliegen und trotzdem in den Klimaschutz zu investieren. Abzulehnen sind aber Hochrisikotechnologien wie die Kohlenstoffabscheidung- und Speicherung (CCS), weil die Auswirkungen dieser Verfahren zum einen noch nicht abzusehen sind, und nur in unmittelbarer Umgebung von Kohlekraftwerken Sinn ergeben und aus der Kohlekraft müssen wir bis spätestens 2030 unbedingt aussteigen. In den Klimaschutz lässt sich auch auf andere Weise investieren, als über Emissionszertifikate. Es gibt verschiedene Anlageprodukte auf dem Finanzmarkt, die in Erneuerbare Energien, in Energieeffizienz, in ökologische Landwirtschaft oder ökologisches Bauen investieren oder in Firmen investieren, die möglichst nachhaltig arbeiten. Wir GRÜNE fordern für solche Anlageprodukte ein Siegel, das verdeutlicht, ob ein Finanzprodukt wirklich „Grün“ oder nur „Greenwashed“ ist. Ein wichtiger Schritt ist auf europäischer Ebene gelungen: im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments wurde eine Verordnung mit Offenlegungsregeln für nachhaltige Investitionen beschlossen. Jetzt sollte die Europäische Kommission baldmöglichst ein Label für nachhaltige Finanzprodukte auf den Weg bringen.