BRIEFING zur EU-Methanverordnung
I. Hintergrund (Hier auch als PDF)
Der Klimakiller Methan:
- Zweitwichtigstes Treibhausgas, Hauptbestandteil von Erdgas, Konzentration in der Atmosphäre derzeit höher als je zuvor seit Beginn der Messungen. Kurze Lebensdauer: nach ca. 12 Jahren wird Methan zu Kohlendioxid (CO2) abgebaut, aber berechnet über einen Zeitraum von 20 Jahren ist Methan mehr als 80 Mal so klimaschädlich wie CO2.
- Methan ist für 24 % der Erderwärmung verantwortlich und ein Vorläufer für die Bildung von bodennahem Ozon. Das macht Methan nicht nur zu einem Klima- sondern auch zu einem Umwelt- und Gesundheitsproblem.
- Laut neuestem Synthesebericht des Weltklimarats IPCC kann das Ziel einer Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad nur mit raschen und wirksamen Maßnahmen zur Methanreduktion erreicht werden. Die Halbierung der Methanemissionen bis 2030 kann den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 0,3 Grad Celsius verringern.
- Keine Ausreden mehr: Im Energiesektor können 75 Prozent der Methanemissionen ohne zusätzliche Kosten verringert werden, denn nicht unnütz entweichendes Gas kann verkauft und genutzt werden.
- Mehr als die Hälfte (59 %) des Methanausstoßes weltweit ist menschengemacht: Landwirtschaft (ca. 45-50 %), Abfallwirtschaft (25 %) und Energiesektor (25-30 %). Für Europa ist die Aufteilung auf die Sektoren geringfügig verschieden, mit 53% Landwirtschaft, 26% Abfallwirtschaft und 19% Energiesektor. Die Methanemissionen des Energiesektors in der EU beliefen sich 2021 auf 3,1 Millionen Tonnen.
EU-Methanverordnung:
- Bis heute gibt es – mehr als 20 Jahre nach der ersten Methanstrategie der EU-Kommission – keine Regulierung von Methan in der EU; EU-Methanstrategie wurde im Green Deal angekündigt, 2020 veröffentlicht. Initiativbericht des EU-Parlaments zur Methanstrategie forderte bereits die Adressierung aller Sektoren sowie die Ausweitung auf Importe.
- Erreichung des EU-Klimaziels erfordert zwingend auch eine Methanreduktion. Methanemissionen werden nicht im Emissionshandel adressiert, sondern fallen unter die EU-Lastenteilungsverordnung.
- Auf Initiative u.a. der EU haben sich über 100 Staaten auf den UN-Klimakonferenzen 2021 und 2022 zum Global Methane Pledge verpflichtet: Ziel ist eine Verringerung von Methanemissionen um mindestens 30 Prozent bis 2030.
- Bezogen auf die weltweiten Auswirkungen kann die EU-Methanverordnung zum weitreichendsten EU-Klimagesetz im Green Deal werden
- Win-win für Energiesouveränität und Klimaschutz: Große, fraktionsübergreifende und vollumfängliche Unterstützung der Parlamentsposition im Mai 2023 in Straßburg: 499 Ja-Stimmen, 73 Nein-Stimmen, 55 Enthaltungen
- Nächster Schritt: Verhandlungsstart zwischen Parlament, Kommission und Rat („Trilog-Verhandlungen“) für eine gemeinsame Einigung zur neuen EU-Methanverordnung; noch keine Daten verfügbar
II. Angenommene Verhandlungsposition des Europäischen Parlaments
- Mit dem Parlamentsvorschlag könnten 75 % der EU-Methanemissionen im Energiesektor – 2,33 Millionen Tonnen – vermieden werden, Das entspricht etwa 3,2 Milliarden Kubikmeter oder ungefähr dem Gasverbrauch der Niederlande.
- Würde die EU-Methanverordnung auch auf Importe angewandt, würde dies jährlich 400 Millionen Tonnen CO2 Äquivalent verringern, umgerechnet zwei Drittel der Emissionen Deutschlands.
- Geld ist nicht das Problem: 3 % des Jahresgewinns der Öl- und Gasindustrie würden ausreichen, um 80% der Emissionen zu vermeiden.
- Importe: Der Parlamentsvorschlag weitet die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen auf die gesamte Lieferkette fossiler Importe aus. Die EU importiert mehr als 4/5 ihres Gas- und Ölbedarfs sowie 2/5 ihres Kohlebedarfs. Ohne die Ausweitung auf Importe ist die EU-Methanverordnung wirkungslos.
- Verbot des Ablassens und Abfackelns von Methan: Die Parlamentsposition stärkt den Kommissionsvorschlag. Routinemäßiges Ablassen wird verboten und ist nur in Notfällen erlaubt. Für das Abfackeln gibt es eine Liste von Situationen, in denen Abfackeln erlaubt ist, muss aber mit mindestens 99% Effizienz erfolgen
- Umgang mit Leckagen: Leckagen müssen aufgespürt, gemeldet und geschlossen werden. Dafür gibt es strikte Zeitpläne und Vorgaben für die Empfindlichkeit der verwendeten Messinstrumente und die Fristen zur Reparatur.
- Methanreduktionsziel und Methanintensität des Öl- und Gassektors: Parlament fordert die Kommission auf, bis 2025 einen Vorschlag für ein klares Methanreduktionsziel für alle betroffenen Sektoren vorzulegen. Ebenso muss es eine Zielmarke für die Methanintensität des Öl- und Gassektors geben. Vorbild ist Norwegen, das aufgrund von Methangesetzgebung und -besteuerung eine Methanintensität seiner Produktion von lediglich 0,02 Prozent aufweist (EU-Durchschnitt: 0,2 Prozent).
- Kohle: Grenzwert von maximal 5 Tonnen Methanemissionen auf 1000 Tonnen Kohleproduktion ab 2027 und maximal 3 Tonnen ab 2031. Das gibt Polen mehr Zeit zur Umsetzung, das historisch und gesellschaftlich bedingt in einer schwierigeren Ausgangslage ist. Für den kritischen Rohstoff Kokskohle (benötigt für die traditionelle Stahlproduktion) soll die Europäische Kommission einen Delegierten Rechtsakt vorlegen, um
- Stillgelegte oder verlassene Kohleminen, Öl- und Gasförderstätten: Mitgliedstaaten müssen verlassene Minen und Förderstätten erfassen und innerhalb von drei Jahren einen Zeitplan zur Methanreduktion annehmen.
- Ausweitung auf den petrochemischen Sektor: Neben dem Gas-, Kohle und Ölsektor fordert das Parlament auch eine Einbeziehung der Petrochemie in die EU-Methanverordnung. Grund: in der chemischen Industrie werden im Wesentlichen dieselben Technologien und Vorrichtungen verwendet wie in der Öl- und Gasindustrie. Bereits heute gehen 15% des Öl- und Gasverbrauchs als Grundstoff in die chemische Industrie, Tendenz steigend.
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