Böden

Die von der Weltgemeinschaft verabschiedeten Nachhaltigkeits-Ziele (SDGs[1]) zur Erhaltung der Biodiversität, der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 2°C und ausgewogene Nahrung für jeden Menschen können nicht ohne fruchtbare Böden erreicht werden. Durch falsche Nutzung gehen jedes Jahr dennoch 24 Mrd. Tonnen fruchtbare Böden verloren, davon 970 Millionen Tonnen in der EU. Allein in Deutschland  verlieren täglich 77 Hektar (1 Hektar = 10.000 m²) Boden ganz oder teilweise ihre Funktion, in der gesamten EU sogar 250 Hektar allein durch Bebauung. Das entspricht EU-weit einer Fläche von mehr als 350 Fußballfeldern, die nicht mehr für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung steht. Eine unfassbare Größe, wenn man bedenkt, dass der Aufbau einer fruchtbaren Humusschicht Jahrhunderte dauert.

Europa hat im weltweiten Vergleich widerstandsfähige und fruchtbare Böden. Dennoch zeigen mittlerweile 35% der gesamten Fläche der EU Verdichtungserscheinungen. 17% der gesamten Fläche sind sogar degradiert, also stark verschlechtert oder komplett zerstört. 42 Millionen Hektar Fläche sind von Winderosion bedroht und 105 Mio. Hektar von Wassererosion geschädigt. Die Ernteerträge bleiben nur durch weitere Zugabe von synthetischem Dünger stabil. Würde dieser wegfallen, könnte die Erntemenge ohne alternative Methoden nicht im gleichen Maße aufrechterhalten werden.

Verlust von Böden

Die Ursachen für den Verlust von Böden lassen sich im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückführen: Landwirtschaftliche Nutzung und Besiedlung. In der Landwirtschaft führen hauptsächlich tiefes Pflügen, der Einsatz von Pestiziden und Mineraldüngern und   Fruchtfolgen (also kein Wechsel zwischen den Kulturen, sondern immer wieder Anbau von Weizen oder Mais) zur Degradierung von Böden. In Siedlungen sind vor allem die Versiegelung durch Asphaltierung und Bebauung für den Verlust fruchtbaren Bodens verantwortlich.

Böden als Kohlenstoffspeicher

Nach den Ozeanen sind Böden der zweitgrößte Kohlenstoffspeicher der Erde. Bereits geringe prozentuale Verluste der organischen Substanz im Boden haben eine große Wirkung auf das Klimasystem. In Waldböden, weniger in Grünland und noch weniger in Ackerland ist Kohlenstoff gespeichert. Deshalb trägt Abholzung so stark zum Klimawandel bei. Bessere Bewirtschaftungsmethoden wie eingeschränktes Pflügen, Erosionsschutz durch Zwischeneinsaat, Mulchen, Gründüngung und Kompost können auch landwirtschaftlich genutzten Böden wieder Kohlenstoff zuführen. Größter Kohlenstoffspeicher sind allerdings Moore – sie sollten deshalb unbedingt erhalten und nicht landwirtschaftlich genutzt werden; trockengelegte Moore können wiedervernässt werden und dadurch wieder zur Senke für Kohlenstoff werden.

Böden und Biodiversität

Eine Handvoll Erde beinhaltet mehr Organismen als Menschen auf der Erde leben. Zwei Drittel aller Arten leben unter der Erdoberfläche und erfüllen dabei eine Vielzahl von Funktionen: Sie zersetzen zum Beispiel abgestorbene Pflanzenteile, bauen sie in Humus um und verteilen diesen im Boden. Humus ist in der Lage, große Mengen Kohlenstoff, mineralische Nährstoffe sowie Wasser zu binden und sorgt für eine Stabilisierung des Bodens und eine krümelige Porenstruktur. Schätzungen zur Kohlenstoffmenge im Humus (weltweit) belaufen sich auf gigantische 1500 Mrd. Tonnen , mehr als dreimal so viel wie in allen lebenden Bäumen, Sträuchern und Gräsern. Zum Vergleich: Weltweit werden jährlich 40 Mrd. Tonnen CO2 (entsprechend 10,8 Mrd. Tonnen Kohlenstoff)  ausgestoßen. Im Humusaufbau steckt also ein großes Potential für den Klimaschutz.

Humus hat neben der Funktion als Kohlenstoffspeicher auch enormen Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit: er bildet Lebensraum für eine Vielfalt unterschiedlichster Organismen, vom Bakterium über Amöben zu höheren Tieren. Die Bodenorganismen zersetzen organische Materie, metabolisieren Schadstoffe und setzen Mineralien aus abgestorbenem Pflanzenmaterial frei. Zudem dient Humus als Puffer, der Kationen und Anionen aus der Bodenflüssigkeit anlagerrn kann und damit den Säure-/Base-Gehalt des Bodens stabilisiert. Zudem kann humusreicher Boden kann durch seine Struktur mehr Wasser speichern – auf sandigen Böden ist das besonders wichtig.

Nicht zu unterschätzen ist auch die Rolle von Regenwürmen. Durch das Schaffen von Kapillargängen in Böden sorgen sie für eine gute Durchmischung und Durchlüftung des Bodens und guten Wasserabfluss in tiefere Bodenschichten. Regenwasser kann besser in den Boden eindringen und führt nicht zu Wassererosion. Außerdem sind die Gänge der Regenwürmer für Pflanzenwurzeln ideale Wachstumspfade.

Ungleiche Verteilung von Böden

Obwohl der Zugang zu Böden für viele Menschen auf der Welt überlebenswichtig ist, ist die Nutzung sehr ungleich verteilt. Fast 60% der für den europäischen Konsum genutzten Flächen liegen außerhalb der EU. Mit dem „Land-Fußabdruck“ kann man gut darstellen, wie viel Fläche für die Produktion unserer Konsumgüter benötigt wird. Die „importierte“ Fläche stammt dabei hauptsächlich aus China, der Mongolei, Russland und Brasilien.

Europas großer Landbedarf sorgt dabei für große Ungleichgewichte in den „Land-Exportstaaten“. Durch „Landgrabbing“ werden Ökosysteme zerstört und Kleinbauern von ihrem Land vertrieben, oftmals auf kriminelle Weise. Insbesondere unser Fleischkonsum und die Produktion von Biokraftstoffen erhöhen unseren Flächenbedarf immens. Nach einer Berechnung der Vereinten Nationen hätte jeder Erdenbürger bei fairer Aufteilung  für die Erfüllung seiner Bedürfnisse. Ähnlich wie beim CO2-Fußabdruck sind wir Europäer von diesem Ideal weit entfernt.

Lösungsansätze

Da die Ursachen für den Bodenverlust größtenteils in der Landwirtschaft liegen, sind auch veränderte landwirtschaftliche Praktiken einer der wichtigsten Faktoren für den Erhalt unserer Böden. Leider wird weltweit nur ein geringer Prozentsatz der Flächen biologisch bewirtschaftet. Und dabei ist Europa mit 5% (!) Spitzenreiter. Auch die Permakultur, bodenkonservierende Methoden und Agroforstsysteme können die Bodengesundheit bei gleichzeitig hohen Erträgen fördern.

Wir brauchen strengere Regeln für Importe, damit Landgrabbing der Boden (sic!) entzogen wird. Gleichzeitig müssen Klein- und Subsistenzbauern bessere, von Agro-Konzernen unabhängige Beratung erhalten. Der Export hochsubventionierter Nahrungsmittel zerstört Märkte weltweit – statt paternalistischer Verteilung von „Entwicklungshilfe“ sollten die örtlichen Betriebe vor unfairer Konkurrenz geschützt werden. Initiativen zur Eindämmung der Wüstenbildung brauchen dagegen stärkere Unterstützung. Und den Irrweg der „Biokraftstoffe“ sollten wir so schnell wie möglich beenden. Lohnenswert wäre es allerdings, über „Humusprämien“ im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik nachzudenken.

[1]     https://de.wikipedia.org/wiki/Ziele_f%C3%BCr_nachhaltige_Entwicklung