Spezies der Woche #150 – Kohlmeise

Kohlmeisen kennen eigentlich alle. Sie sind derzeit die häufigste Vogelart in Deutschland und nicht vom Aussterben bedroht. Allerdings haben auch sie mit den Auswirkungen von Pestiziden im Ökosystem zu kämpfen. Wie genau Pestizide wirken, kann man am Beispiel der Kohlmeise aber besonders gut erklären – also aufgepasst!

 

Verbreitungsstatus in Deutschland

 

häufig

Restvorkommen Ganz Europa
Letzte Sichtung in Europa aktuell
Lebensraum Ehemals Wälder heute flächendeckend in Gebieten mit alten Bäumen oder vielen Nistkästen
Gefährdung Intensive Landwirtschaft v.a.  Pestizide, Strukturverlust

Kohlmeisen lebten früher vor allem in Wäldern. Auch heute findet man sie dort, aber nicht nur. Sie leben in Parks und Gärten und überall dort, wo man ihnen geeignete Nistmöglichkeiten bietet, beispielsweise Nistkästen für Höhlenbrüter. Die Kohlmeise ist die größte Meisenart Europas. Mit dem schwarz-weißen Kopf, der gelben Brust und dem auffälligen schwarzen Bauchstreifen ist sie unverwechselbar. Sie ernährt sich hauptsächlich von Insekten und deren Larven, wie Schmetterlingsraupen und Blattläusen, und auch von Spinnen. Im Winter fressen sie meistens Samen.
Weil die Vegetationszeit durch den Klimawandel immer früher beginnt, entwickeln sich auch die auf die Frühjahrsblüher spezialisierten Insekten entsprechend zeitiger. Das wiederum ruft auch die Landwirt:innen, Grünflächenämter und Gartenbesitzer:innen auf den Plan; jedenfalls diejenigen, die Pestizide einsetzen. Diese werden ebenfalls früher versprüht, und hier beginnt das Problem: Die Kohlmeisen schaffen es nicht, ihren Lebensrhythmus ebenso schnell an das veränderte Klima anzupassen wie Pflanzen, Insekten und Menschen. Während sich die Zeit der größten Raupenbiomasse in den letzten Jahrzehnten um 0,85 Tage pro Jahr nach vorne verlagert hat, hat sich die Brutzeit der Meisen nur um 0,25 Tage pro Jahr verschoben. Zum Schlüpfzeitpunkt der jungen Meisen gibt es dann nicht mehr genügend Raupen. Das haben Forschende der Universität Wageningen herausgefunden. Die Elternvögel, die dann verzweifelt auf der Suche nach Nahrung für ihre Küken sind, finden wenig und müssen alles nehmen, was sie finden, auch die mit Pestiziden behandelten Raupen. Während die Altvögel die Insektiziddosis meistens noch überleben, ist die Mahlzeit für die Jungen tödlich. Beweis: Insektizide, wie sie z. B. gegen Buchsbaumzünsler oder Eichenprozessionsspinner eingesetzt werden, konnten in größerer Menge in toten Jungvögeln nachgewiesen werden.
Ein zusätzlicher negativer Effekt von Pestiziden auf Kohl- und Blaumeisen: Die Zweitbrut im Sommer fällt aus. Entsprechend gehen die Bestände an Kohlmeisen immer stärker zurück.
Das wiederum schadet nicht nur den Meisen, sondern auch den Greifvögeln, die sich teilweise von Meisen ernähren, wie z.B. die Waldohreule. Die jagt vor allem dann Vögel, wenn der Bestand an Mäusen knapp wird. Mäuse und Meisen teilen sich häufig dieselben Lebensräume und leiden beide unter Vergiftungserscheinungen durch Pestizide. Es ist also wie bei einem Dominospiel. Ein Steinchen angetippt – und alle Steine fallen nacheinander um.

Politisch notwendig:
– Weniger Pestizideinsatz
– Mehr pestizidfreie Kommunen
– umfassende Maßnahmen gegen den Klimawandel

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