Historische ETS-Reform: Volle Kraft voraus für Klima- und Naturschutz in der internationalen Seeschifffahrt
Die internationale Seeschifffahrt wird endlich Teil des EU-Emissionshandels ETS. Nachdem das Europäische Parlament, die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten sich im Dezember 2022 auf einen gemeinsamen Kompromiss verständigt hatten, haben wir Europaabgeordnete heute in Straßburg mit großer Mehrheit die ETS-Ausweitung abgesegnet.
Diese historische ETS-Ausweitung bedeutet volle Kraft voraus für Klima- und Naturschutz. Die Seeschifffahrt war bis heute der einzige Verkehrssektor, der keinerlei bindenden Emissionsreduktionszielen untersteht, obwohl sie für rund drei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Dieser klimapolitische Freifahrtschein wird endlich eingezogen. Ich erwarte von der Internationale Schifffahrtsorganisation IMO, dass sie jetzt global nachsteuert und die lange versprochenen, bindenden Klimamaßnahmen schnellstmöglich auf den Weg bringt.
Die ETS-Ausweitung ist auch ein persönlicher Erfolg für mich, denn ich konnte erreichen, dass die Forderung nach einer Ausweitung des ETS auf die Seeschifffahrt im Rahmen eines anderen Gesetzes mit großer Parlamentsmehrheit eingefordert wurde.
Meine Rede im EU-Parlament gibt es hier:
Was wird sich im Rahmen der ETS-Reform auf unseren Weltmeeren und in den Häfen ändern?
Mit der heute beschlossenen Revision des ETS müssen Schifffahrtsunternehmen schrittweise mehr Emissionszertifikate einkaufen:
- Für 40 Prozent der gemeldeten Emissionen 2024
- Für 70 Prozent der Emissionen 2025
- Ab 2026 für alle Emissionen
Bei Fahrten von und zu außereuropäischen Häfen werden 50 Prozent der Emissionen einbezogen, d.h., die Verpflichtung Zertifikate zu kaufen gilt für die Hälfte der insgesamt zurückgelegten Strecke.
Mehr Schiffe kommen in die Verantwortung: Ab 2025 müssen neben sehr großen Schiffen ab 5.000 Bruttoraumzahl auch Schiffe ab 400 Bruttoraumzahl ihre Emissionen melden. Ebenso werden Offshore-Service-Schiffe, die beispielsweise bei Wartungsarbeiten in Windparks oder an Ölbohrplattformen eingesetzt werden, in die Datenbank einbezogen und ein Jahr später auch in den Emissionshandel.
Die klimaschädlichen Gase Methan und Lachgas werden in den europäischen Emissionshandel aufgenommen. Bisher musste die Seeschifffahrt nur Maßnahmen zu Kohlenstoffdioxid ergreifen – und selbst hier lediglich Daten sammeln und melden statt Kohlenstoff zu verringern.
Leider fand sich keine Mehrheit für die Aufnahme von Ruß in den neuen ETS. Obwohl Ruß kein Klimagas ist, lagert er sich in der Arktis ab und beschleunigt das Abtauen der Schnee- und Eisflächen, mit gravierenden Folgen für arktische Ökosysteme.
Es wird ein neuer Innovationsfonds geschaffen, der über die Einnahmen des Emissionshandels finanziert wird.
Was geschieht mit den Einnahmen des ETS?
Der neu geschaffene Innovationsfonds soll Projekte fördern, die der Dekarbonisierung und Elektrifizierung der Schifffahrt dienen, aber auch die Klimaauswirkungen von beispielsweise Ruß untersuchen.
Mir war es bereits bei den Verhandlungen zur Verordnung über das „Globale Datenerhebungssystem für den Kraftstoffverbrauch von Schiffen“ wichtig, maritime Lebensräume und Arten zu schützen. Der Innovationsfonds wird hier ansetzen und Projekte fördern, die nicht nur Treibhausgase vermeiden, sondern auch die Biodiversität schützen sowie die Lärm- und Wasserverschmutzung reduzieren.
Die EU-Mitgliedstaaten werden dazu ermutigt, die Einnahmen aus dem ETS verstärkt für den Schutz, die Wiederherstellung und die bessere Bewirtschaftung von Meeresökosystemen, insbesondere von Meeresschutzgebieten, einzusetzen.
Nachhaltige Technologien sollen gefördert werden und die Energieeffizienz von Schiffen und Häfen verbessert werden. Alternative Kraftstoffe wie aus erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff und Ammoniak sollen gefördert werden, aber auch die dafür nötige Infrastruktur.
Eine nachhaltigere Schifffahrt?
Die lange überfällige Aufnahme der Seeschifffahrt in den ETS ist historisch und ein großer Erfolg der Grünen/EFA im europäischen Parlament! Europa schließt eine riesige klimapolitische Lücke und bringt Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen auf internationaler Ebene.
Dass freiwillige Maßnahmen uns nicht weiterbringen, kann im Rahmen der erfolglosen und langwierigen Gespräche auf Ebene der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO beobachtet werden.
Der EU-Emissionshandel wird nicht nur für EU-Mitgliedstaaten oder europäische Unternehmen gelten: Alle Schiffe, die europäische Häfen ansteuern oder verlassen, müssen sich an die neuen EU-Spielregeln halten und für die Hälfte der Strecke Emissionszertifikate einkaufen.