Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im Juli: Meine Schwerpunkte
Diese Woche debattieren wir Europaabgeordneten im Straßburger Plenum eine Reihe wichtiger Themen und Gesetze. Hier geht’s es zur Tagesordnung und hier zur Live-Übertragung der gesamten Sitzung.
Eine Auswahl meiner Arbeitsschwerpunkte von heute bis Donnerstag:
Artenschutz und Renaturierung: Biodiversitätskonferenz COP15
Seit 2020 gibt es keine globalen Ziele zum Schutz von Arten und Lebensräumen, obwohl inzwischen mehr als eine Million Arten weltweit vom Aussterben bedroht sind. Corona-bedingt wurde die UN-Biodiversitätskonferenz COP15 bereits mehrmals verschoben und soll nun endlich im November stattfinden. Das Europäische Parlament forderte die EU-Kommission bereits im Januar 2020 in einer Resolution dazu auf, sich bei der COP15 für wirksame Maßnahmen im Kampf gegen das Massenaussterben stark zu machen. Die weltweiten UN-Biodiversitätsziele bis 2020 wurden verfehlt und auch der Zustand von Ökosystemen in Europa verschlechtert sich zusehends. Mit dem neu vorgestellten EU-Renaturierungsgesetz, das ich für meine Fraktion verhandeln werde, hat die Europäische Union die Chance, weltweite Standards für den Kampf gegen das Massenaussterben zu setzen. Das EU-Renaturierungsgesetz ist sozusagen das Artenschutzäquivalent zum EU-Klimagesetz. Allerdings gibt es kein Äquivalent zum Pariser Klimaabkommen auf globaler Ebene. Deshalb ist es unabdingbar, dass sich die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten bei der UN-Biodiversitätskonferenz für ein weltweites, völkerrechtlich verbindliches Abkommen zum Schutz unserer Lebensgrundlagen einsetzen.
Wann und wie? Dienstag, 5. Juli ab 15:00 Uhr Befragung der EU-Kommission durch die Europaabgeordneten
EU-Taxonomie: Abstimmung über das Greenwashing von Atom und Gas
Die Europäische Kommission setzte sich über alle wissenschaftlichen und juristischen Bedenken hinweg und veröffentlichte wenige Minuten vor Neujahr den umstrittenen zweiten Delegierten Rechtsakt zur EU-Taxonomie. Damit sollen Atomkraft und Gas ein grünes Labelbekommen und als nachhaltige Investitionen gelten – in direkter Konkurrenz zu Erneuerbaren Energien und Effizienzmaßnahmen. Wir Grüne haben das letzte Jahr gegen dieses geplante Greenwashing fossiler und nuklearer Energien gekämpft. Der Umwelt- und der Wirtschaftsausschuss haben den Einspruch gegen das Kommissionsvorhaben bereits angenommen, aber es braucht die absolute Mehrheit aller Europaabgeordneten – nicht nur der anwesenden Abgeordneten! Am Mittwoch müssen deshalb mindestens 353 Abgeordnete den Einspruch gegen den zweiten Delegierten Rechtsakt mit „Ja“ annehmen, ansonsten tritt der Rechtsakt als Ergänzung zur bereits gültigen EU-Taxonomie in Kraft und Atomkraft und Gas werden „nachhaltig“. Es wird sehr knapp, aber wir können die EU-Taxonomie noch retten!
Wann und wie? Dienstag, 5. Juli ab 15:00 Uhr Debatte und Mittwoch um 12:00 Uhr finale Abstimmung
Fit for 55: Nachhaltige Kraftstoffe in der Luftfahrt
Auch die Luftfahrt muss ihren Beitrag zur Erreichung der EU-Klimaziele leisten. Das Europäische Parlament stimmt diese Woche seine Position zum Gesetzesvorschlag ReFuelAviation ab. Ich habe die Position des Industrieausschusses federführend verhandelt und war an den Verhandlungen zur Position des Umweltausschusses beteiligt. Leider hat der federführende Verkehrsausschuss beide mitentscheidenden Ausschüsse komplett ignoriert und stattdessen einen Text zur Abstimmung vorgelegt, der sogar weit hinter den Kommissionsvorschlag zurückfällt und die Produktion synthetischer Treibstoffe, die jetzt angereizt werden muss, verhindern wird. So soll zum Beispiel der erlaubte Anteil biobasierter Kraftstoffe grenzenlos erweitert werden und gebrauchtes Bratöl mit fragwürdiger Herkunft Luftkraftstoffen beigemischt werden können. Nahrungsmittel haben im Tank nichts zu suchen!
Obwohl der Verkehrsausschuss erst vor wenigen Tagen seine Position angenommen hat, soll der Text bereits jetzt durchs Plenum gedrückt werden. Wir haben für die Plenarabstimmung Änderungsanträge gestellt, um die schlimmsten Festlegungen zu verhindern. Sollten diese nicht angenommen werden, wird meine Fraktion gegen den finalen Text stimmen. Funfact: Sogar Fluglinien haben sich mit uns progressiveren Abgeordneten und der Kommission verbündet, weil sie das Verheizen von Nahrungs- und Futtermitteln strikt ablehnen!
Unter Umständen droht ein Abschmettern des im Verkehrsausschuss angenommenen Texts im Plenum wie vor wenigen Wochen beim Emissionshandel. Dann wird der Verkehrsausschuss nachsitzen und einen besseren Vorschlag für ReFuelAviation ausarbeiten müssen.
Wann und wie? Donnerstag, 7. Juli ab 09:00 Uhr Debatte, Abstimmung ab 12:00 Uhr
Tschechische Ratspräsidentschaft: Premierminister Fiala stellt Schwerpunkte vor
Ab dem 1. Juli hat die Tschechische Republik die EU-Ratspräsidentschaft inne und wird deshalb bis zum Ende dieses Jahres die Sitzungen und Verhandlungen der EU-Fachminister leiten und Gesetzesvorhaben im Rat voranbringen. Jede Ratspräsidentschaft setzt sich Schwerpunkte für ihr halbjähriges Arbeitsprogramm. Die Tschech*innen haben bereits angekündigt, sich auf die Flüchtlingskrise im Zuge des Ukrainekrieges, den Wiederaufbau der Ukraine, Energiesicherheit, Verteidigung und Cyber-Verteidigung zu konzentrieren sowie die Widerstandsfähigkeit demokratischer Institutionen zu stärken. Aber auch das EU-Renaturierungsgesetz, das ich für meine Fraktion verhandele, wird größtenteils in die tschechische Amtszeit fallen. Jetzt, da es eine Einigung zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Europäischen Parlament zur Aufnahme der Schifffahrt in den EU-Emissionshandel gibt, erwarte ich, dass die tschechische Ratspräsidentschaft endlich die MRV-Verordnung zu CO2-Emissionen in der Seeschifffahrt aus ihrer Geiselhaft befreit. Das Europaparlament hatte die von mir verhandelte Neufassung der MRV-Verordnung mit großer Mehrheit angenommen: statt nur Daten zu sammeln, sollte der internationale Seeverkehr in den Emissionshandel aufgenommen werden sowie bindende Effizienzziele eingeführt werden. Nach der Abstimmung im Europaparlament war die MRV-Verordnung jedoch nie auf die Tagesordnung gesetzt worden – jede Ratspräsidentschaft hat sie einfach vertagt. Dabei ist es höchste Zeit, dass auch die Seeschifffahrt ihre Effizienzpotentiale ausnutzt!
Wann und wie? Mittwoch, 6. Juli 11:15 Uhr Rede des Tschechischen Premierministers
Energiepreise: Besteuerung von Zufallsgewinnen von Energieunternehmen
Die Energiepreiskrise, die Inflation und nicht zuletzt der Ukrainekrieg verlangen viel von den Verbraucherinnen und Verbrauchern ab. Das Europäische Parlament debattiert die mögliche Einführung einer Steuer auf Überschussgewinne, die aufgrund der besonderen Preisumstände zustande kommen.
Wann und wie? Mittwoch, 6. Juli Debatte