EU-Energieeffizienzrichtlinie: Unsere erste Wahl für Klima, Energiesicherheit und Unabhängigkeit

Im Rahmen des Europäischen Green Deals und des neuen EU-Klimagesetzes werden eine Vielzahl von Richtlinien und Verordnungen revidiert. Für die Klimaziele sind der Europäische Emissionshandel (ETS), die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) sowie die Energieeffizienz-Richtlinie (EED) die relevantesten Gesetze. Ich freue mich sehr, dass meine Fraktion mir das Mandat für die parlamentarischen Verhandlungen zur EED erteilt hat.

Wir brauchen einen schnellen und flächendeckenden Ausbau der Erneuerbaren und strikte Vorgaben für die Verringerung der Emissionen der Industrie in Europa. Doch nur im Dreiklang mit Energieeffizienz werden der Umstieg auf Wind- und Solarstrom und die Reduktion der Emissionszertifikate das Ziel von mindestens 55 Prozent Treibhausgaseinsparung bis 2030 erreichen können. Die Energiepreiskrise und der völkerrechtswidrige Angriffskrieg von Präsident Putin auf die Ukraine zeigen, dass wir noch schneller raus müssen aus unserer fossilen Abhängigkeit. Energieeffizienz muss nicht nur auf dem Papier, sondern im konkreten Handeln an erster Stelle stehen!

 

Was ist die EU-Energieeffizienz-Richtlinie?

Die EU-Energieeffizienz-Richtlinie ist seit dem 4. Dezember 2012 in Kraft und wurde 2018 erstmals revidiert. Sie setzt Wegmarken zur Reduktion des Primär- und des Endenergiebedarfs. Die Europäische Union möchte so eine rationale Energienutzung sicherstellen, Treibhausgasemissionen senken, die Versorgungssicherheit verbessern und die Kosten durch Energieimporte senken. Durch Putins völkerrechtswidrige Invasion der Ukraine kommt ein neuer, bis vor kurzem undenkbarer Faktor hinzu: die Verringerung unserer Abhängigkeit von Energieimporten sowie die damit verbundene ungewollte Finanzierung von Militärausgaben in Drittstaaten.

In ihrer ursprünglichen Version von 2012 stand in der EED das Ziel einer Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent bis 2020. In der Revision 2018 im Rahmen des EU-Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“ wurde ein neues Ziel von mindestens 32,5% Effizienzsteigerung bis 2030 festgelegt. Zudem wurden die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Reduktion ihres jährlichen Energieverbrauchs bis 2030 um durchschnittlich 4,4 % zu ergreifen.

Diese Zielsetzungen reichen nicht mehr aus. Der 2019 vorgestellte Europäische Grüne Deal sowie das EU-Klimagesetz von 2020 erfordern auch bei der Effizienz höhere Anstrengungen. Deshalb hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für die Aktualisierung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie vorgestellt, der die Erreichung dieser Ziele ermöglichen soll.

 

Wie kann die neue EU-Energieeffizienzrichtlinie zum Erfolg werden?

Achtung Spoiler: Mit dem aktuellen Vorschlag der EU-Kommission für die neue Energieeffizienz-Richtlinie können wir die Klimaziele nicht erreichen!

Die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen und Ziele sind zwar ambitionierter als die bestehenden, müssen aber immer noch nachgebessert werden.

Die Europäische Kommission schlägt als neues bindendes EU-weites Ziel vor, den Primärenergieverbrauch um 39 Prozent gegenüber 1990 und den Endenergieverbrauch um 36 Prozent zu senken. Die jährlichen Energieeinsparverpflichtungen sollen von 0,8 Prozent auf 1,5 Prozent erhöht werden. Allerdings: statt bindender Ziele für jeden Mitgliedstaat schlägt die Europäische Kommission vor, jedes Land solle ein eigenes Ziel vorschlagen und eine eventuell verbleibende Lücke zur Erreichung der EU- Gesamtziele solle dann fair auf alle Mitgliedstaaten verteilt werden. In der Praxis würde das bedeuten, dass diejenigen bestraft werden, die sich von vornherein ambitionierte Ziele setzen, denn sie müssten die Defizite anderer Länder mittragen. Um diese Ungerechtigkeit zu verhindern, brauchen wir bindende nationale Ziele für Energieeffizienz! Das hat auch die Mehrheit der Befragten im Konsultationsverfahren der Kommission vorgeschlagen. Dennoch hat sich die Kommission dafür entschieden, keine Zahlen vorzugeben, sondern die Mitgliedstaaten miteinander streiten zu lassen.

Insbesondere ältere Gebäude benötigen sehr viel Energie. Daher schlägt die Europäische Kommission vor, dass jährlich drei Prozent der öffentlichen Gebäude, wie beispielsweise Verwaltungsgebäude, Parlamente, Ministerien, aber auch der soziale Wohnungsbau in öffentlicher Hand, energetisch modernisiert werden. Auch hier wehren sich einige EU-Mitgliedstaaten gegen die notwendigen Verpflichtungen. Dabei kann die Renovierungswelle, zusammen mit einer dezentralen Energiewende und einer generellen Effizienzoffensive, nicht nur Energiekosten einsparen, zur Erreichung der Klimaziele beitragen und die Versorgungssicherheit stärken, sondern auch neue Arbeitsplätze schaffen. Ich werde vorschlagen, diese Verpflichtung auf alle Nichtwohngebäude im öffentlichen Bereich auszudehnen. Denn auch Kindergärten und Krankenhäuser sollten keine Energieverschwender sein.

Erstmals werden Datenzentren explizit in der EU-Energieeffizienzrichtlinie erwähnt. Rund 3,8 Prozent der Treibhausgasemissionen und 0,2 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs entfallen auf die Digitalwirtschaft. Es reicht deshalb nicht aus, wenn die Kommission nur sehr große Datenzentren in die Pflicht nehmen und die dort entstehende Abwärme nutzen will. Vielmehr sollten auch kleinere Standorte einbezogen werden, und wir brauchen eine Verpflichtung zur Nutzung effizienter Kühlverfahren, damit so wenig Abwärme entsteht wie möglich. Darüber hinaus wünsche ich mir klare Definitionen zu Nachhaltigkeitsstandards im Digitalbereich.

Der Verkehrssektor muss endlich in die Pflicht genommen werden, denn er ist für 30 Prozent des Endenergieverbrauchs verantwortlich, und seine Emissionen sind seit 1990 nicht gesunken. Denn technischer Fortschritt wurde nicht zur Energieeinsparung genutzt, sondern in immer stärkere Motoren und schwerere Fahrzeuge gesteckt. Diese fatale Entwicklung müssen wir nun regulatorisch aufhalten. Obwohl der allmähliche Umstieg auf Elektroautos substantielle Einsparungen mit sich bringen wird, liegt das größte Potential doch im Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Verlagerung des Warentransports (zurück) auf die Schiene.

Wir müssen Fehlinvestitionen verhindern – auch bei fossilem Erdgas. Dass die Kommission Einsparungen durch Investitionen in Erdgas auf das Einsparziel anrechnen will, ist angesichts klimaschädlicher Methanemissionen und unserer Abhängigkeit von russischem Gas der falsche Weg. Jedes zusätzliche Prozent Energieeffizienz spart uns 2,6 Prozent an Gasimporten. Die Mitgliedstaaten müssen zudem verpflichtet werden, Bürgerinnen und Bürger, Verwaltungen und Unternehmen über Energieeffizienzmaßnahmen zu informieren. Denn viele einfache und kostengünstige Möglichkeiten werden oft nicht genutzt.

Neben mittel- und langfristigen Investitionen in der Effizienz-Richtlinie sind aktuell Kampagnen und Anreize für das Energiesparen gefragt. Heizt man Wohnräume auf 19 statt auf 21 °C, spart das 12 % Energie und natürlich auch Geld. Lässt man Geräte nicht im Standby, sondern schaltet sie über eine Steckerleiste aus, kann man circa acht Prozent seines Stromverbrauchs einsparen. Der immer noch viel zu selten durchgeführte hydraulische Abgleich der Heizkörper kann bis zu zehn Kilowattstunden Heizenergie pro Quadratmeter einsparen.

Wir brauchen bindende Maßnahmen für alle Sektoren und Mitgliedstaaten. Bisher befürchten einige Mitgliedstaaten hauptsächlich Einschränkungen, wo im Energiesparen doch in Wahrheit Chancen liegen. Die kommenden Wochen und Monate werden wir intensiv verhandeln, damit auch die Zweifelnden überzeugt werden. Denn Energie, die nicht verbraucht wird, müssen wir nicht zusätzlich erzeugen, transportieren, umwandeln und auch nicht extra bezahlen.

 

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