Spezies der Woche #73 – die Haubenlerche
Haubenlerchen waren die „Trümmervögel“ nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Sie bewohnten die zerstörten Stadtteile bis zu deren Wiederaufbau. Durch ihre gut sichtbare, häufig aufgestellte Haube sind sie vielen Älteren im Gedächtnis geblieben. Sie bewohnen eigentlich baumlose Steppen mit reichlich sonnigen Plätzen zum Sonnenbaden. So fanden sie in den kaputten, sandigen Straßen einen geeigneten Lebensraum. Heute findet man Haubenlerchen vielfach in den Industrie- und Gewerbegebieten der Städte, wo sie sich tagsüber gerne auf geschotterten Parkflächen aufhalten. Bei Erschließung neuer Baugebiete ist die Haubenlerche manchmal vorübergehend zu Gast, verschwindet aber mit Fortschreiten der Bauphase wieder.
Verbreitungsstatus |
extrem selten |
Restvorkommen |
Pfalz bei Herxheim und Schifferstadt, |
Letzte Sichtung in Rheinland-Pfalz |
aktuell |
Lebensraum |
(moderne) Steppen und Halbwüsten, vegetationsfreie Brachflächen |
Gefährdung |
Lebensraumverlust, Versiegelung, Insektensterben |
Die Haubenlerche singt ähnlich wie die Feldlerche, imitiert aber sehr gut und gerne auch andere Vögel. Sie ist das ganze Jahr über zu sehen. Auffällig sind Haubenlerchen im Winter, wo sie sich zu Gruppen zusammenschließen und gemeinsam eingefrorene Samen frei hacken und eng beieinanderliegend in Schlafmulden übernachten.
Die Haubenlerche war bis in die 1970er Jahre hinein in weiten Teilen von Rheinland-Pfalz zu Hause. Inzwischen ist die Art deutschlandweit vom Aussterben bedroht. Sie mag es gerne ruhig, trocken und mit ausreichend Plätzen zum Sandbaden und baut auch ihr Nest in den sonnenwarmen Sandboden. Sie ernährt sich von Sämereien und Insekten. Vor allem für die Jungenaufzucht braucht die Haubenlerche reichlich Spinnen und weiche Insektenkost, z.B. Raupen.
In Ketsch am Rhein gibt es einen spannenden Versuch auf unbepflanzten Spargeldämmen. Die Haubenlerchen nutzen die Räume zwischen den Dämmen gern als Nistplatz; durch angrenzende Misthaufen erhofft man sich ein ausreichendes Insektenangebot im Frühling und Frühsommer. Durch das Einzäunen der Flächen werden Störungen durch Befahren und Nesträuber vermieden. In den letzten beiden Jahren gab es bereits Nachwuchs bei den Ketscher Haubenlerchen, man hofft auf den Aufbau einer Quellpopulation, die auch andere Lebensräume besiedelt. Der Stabilisierungsversuch soll für weitere 23 Jahre fortgeführt und wissenschaftlich begleitet werden.
Europaweit brauchen wir neben dem Stopp von Flächeninanspruchnahme für Bautätigkeiten eine extensivere Landwirtschaft mit wilden Randstreifen, Rainen und Brachen sowie ein Verbot des Biozideinsatzes besonders an Straßenrändern und Gleisanlagen. Zusätzlich können Ödflächen am Siedlungsrand helfen. Dafür müssen Anwohner:innen und Kommunen über deren ökologische Bedeutung aufgeklärt werden.
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Bild: Von Siddheshp – shot at Tembavli, Maharashtra, IndiaPreviously published: http://www.photos.siddhesh.in/photo.php?id=87&name=Crested%20Lark, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25354720