Spezies der Woche #66 – die Europäische Sumpfschildkröte

Die Europäische Sumpfschildkröte ist zurück in Rheinland-Pfalz! Nachdem sie im Mittelalter stark bejagt und als Fastenspeise auf dem Markt in Speyer verkauft wurde, war sie Anfang des 20. Jahrhunderts durch Flussbegradigungen und dem damit zusammenhängenden Verlust der Flussauen endgültig ausgestorben. 2008 startete der NABU ein Wiederansiedlungsprojekt in Bobenheim-Roxheim und Neuburg, und 2020 konnte das erste wandernde Jungtier gesichtet werden. Ein schöner Erfolg, der zeigt, dass Renaturierung und Wiederansiedlung funktionieren können.
 

Verbreitungsstatus

 

Vom Aussterben bedroht

Restvorkommen  Bobenheim-Roxheim, Neuburg
Letzte Sichtung in Rheinland-Pfalz aktuell
Lebensraum Flache, sonnige, stark bewachsene Gewässer mit sandigen, geschüzten Uferbereichen
Gefährdung Fang, Flussbegradigungen, Intensive Landwirtschaft, Klimawandel
Die Europäische Sumpfschildkröte ist die einzige in Deutschland
wild vorkommende Schildkrötenart. Sie war früher eine charakteristische Art der Auengebiete am Oberrhein. Aussterbeursache dürfte in erster Linie der massenhafte Fang der Sumpfschildkröte im Mittelalter gewesen sein. Besonders der Markt in Speyer war als Umschlagplatz für den Verkauf der Art weit über die Region hinaus bekannt. Zum Fang kam die Zerstörung ihrer Lebensräume durch Flussbegradigung, Grundwasserabsenkung, Vernichtung von Auenbiotopen und Zerstörung der Eiablageplätze im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung.
 
Die Europäische Sumpfschildkröte ernährt sich hauptsächlich von Wasserinsekten, Schnecken und Amphibienlarven, bei höheren Temperaturen lebt sie auch vegetarisch. Die Europäische Sumpfschildkröte ist ein Nahrungsgeneralist, kann also jegliche zur zur Verfügung stehende Nahrung verwerten. Doch sie kann nur unter Wasser fressen, da sie sonst nicht schlucken kann. Zunehmende Trockenheit durch den Klimawandel bedeutet für die europäische Sumpfschildkröte in besonders flachen Gewässern eine Hungerphase.
 
2008 wurden die ersten Schildkröten im Bobenheim-Roxheimer Altrheingebiet ausgewildert. Bis heute wurden in diesem Gebiet über 100 Sumpfschildkröten im Alter von ca. vier Jahren in die Freiheit entlassen. Da die Tiere erst mit 10 – 15 Jahren geschlechtsreif werdenkann sich der Erfolg einer Wiederansiedlung erst viele Jahre später zeigen. Nachdem sich die Tiere im Bobenheim-Roxheimer Gebiet sehr gut entwickelten, machte sich der NABU auf die Suche nach neuen Projektflächen für weitere WiederansiedlungenAusgewählt wurden schließlich die Altrheinarme bei Neuburg am Rhein im Landkreis Germersheim. Diese Fläche wird im Rahmen des Interreg Projekts „Sumpfschildkröte ohne Grenze“ zusammen mit den französischen Kollegen betreut, die auf französischer Seite schon früher mit der Wiederansiedlung begonnen hatten.
 
2020 wurde im Auswilderungsgebiet bei Bobenheim-Roxheim ein Jungtier bei einer Landwanderung entdeckt. Bereits in den letzten Jahren gab es in Bobenheim-Roxheim große Hoffnungen, denn es wurden landwandernde Weibchen beobachtet, Eigruben gefunden, Eiablagen beobachtet und im Spätsommer 2017 zwei frisch geschlüpfte Europäische Sumpfschildkröten – etwa so groß wie eine 2 Euro Münze – auf ihrem Weg zum Gewässer gesichtet. Das 2020 gefundene Jungtier ist schätzungsweise zwei Jahre alt und bestätigt erneut die lang ersehnte Hoffnung einer erfolgreichen Reproduktion.
 
Politisch notwendig:
·         Fortgesetzte Unterstützung der Wiederansiedlung
·         Umfassender Auenschutz
·         Förderung extensiver Landwirtschaft
·         Engagierter Klimaschutz
 
Bild: Von Sergento – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48668533