Transparenz und Zugang zu klinischen Studien über COVID-19-Impfstoffe
Vor dem Hintergrund der Vereinbarung von Abnahmegarantien zwischen der Europäischen Kommission und Impfstoffherstellern habe ich mit Fraktionskolleg*innen eine Anfrage an die Europäische Kommission bezüglich der Transparenz klinischer Daten zu COVID-19-Impfstoffen gestellt. Der Erhalt öffentlicher Gelder sollte von wissenschaftlichen und logistischen Kriterien abhängig gemacht werden. Wir kritisieren Abnahmegarantien nicht prinzipiell, sondern setzen uns für eine transparente Vorgehensweise ein.
Die Entwicklung von Impfstoffen birgt immer ein hohes finanzielles Risiko, da ein Großteil der Impfstoffkandidaten nie eine Zulassung erhält. Derzeit führen die meisten Impfstoffhersteller ein beschleunigtes und deshalb noch kostenintensiveres Entwicklungsverfahren durch, um schnellstmöglich Impfstoffe zur Verfügung stellen zu können. Vertraglich gesicherte Abnahmegarantien unterstützen Hersteller in diesem Prozess, da sie Vorabzahlungen erhalten, die im Fall einer erfolgreichen Zulassung als Anzahlung gelten. Abnahmegarantien können außerdem vertraglich absichern, dass Produktionskapazitäten von Herstellern, deren Impfstoffkandidat nicht wirksam oder sicher genug war, für andere COVID19-Impfstoffhersteller freigegeben werden. So steht schneller mehr Impfstoff zur Verfügung. Dabei ist aber zu bedenken, dass Pharmaunternehmen mit Impfstoffen Gewinne machen wollen, und dass angesichts der weltweiten Nachfrage nach einem Corona-Impfstoff unangemessen hohe Preise verlangt werden könnten. Deshalb sollten Abnahmegarantien mit gemeinwohlorientierten Bedingungen wie der Verpflichtung zu niedrigen Preisen oder Zwangslizenzierung verbunden sein.
Damit öffentliche Gelder nicht verschwendet werden, sind Transparenz und Zugang zu Informationen über klinische Studien dringend erforderlich, wie der Fall des Arzneimittels Tamiflu veranschaulicht. Vor elf Jahren haben die EU-Mitgliedstaaten Milliarden für die Bevorratung dieses Medikaments bereitgestellt, im Glauben, es könne schweren Verläufen der Schweinegrippe vorbeugen. Bei frühzeitiger Offenlegung aller klinischen Daten wäre ersichtlich geworden, dass Tamiflu für diese Anwendung ungeeignet und in seiner Wirksamkeit eher mit Paracetamol zu vergleichen ist. Solche Fehler müssen in Zukunft verhindert werden. Bevor Zahlungen veranlasst werden, die über die vereinbarten Anzahlungen vor der Auswertung der klinischen Studien hinausgehen, sollten deren Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.
Die Kommission versichert uns in ihrer Antwort, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur Maßnahmen für mehr Transparenz in Verbindung mit COVID-19 ergreift, um damit öffentliche Kontrolle und weltweite Forschungszusammenarbeit zu unterstützen. Nach Zulassungserteilung eines Impfstoffes sollen Risikomanagementpläne für COVID-19-Produkte sowie in der Genehmigung enthaltene klinische Daten veröffentlicht werden. Vertrauliche Geschäftsinformationen und personenbezogene Daten würden unkenntlich gemacht. Außerdem werde der Europäische Öffentliche Beurteilungsbericht innerhalb von drei Tagen nach Erteilung der EU-Zulassung veröffentlicht.
Wir Europaabgeordnete interessieren uns außerdem für die Haftungsbestimmungen für künftige sowie für die bereits von der Kommission mit BioNTech/Pfizer, Johnson & Johnson, AstraZeneca und Sanofi/GSK abgeschlossenen Abnahmegarantien für Impfstoffe. In ihrer Antwort teilt die Europäische Kommission hierzu mit, die Unternehmen blieben grundsätzlich haftbar. Allerdings sei vereinbart, dass Mitgliedstaaten Hersteller unter bestimmten Bedingungen in Haftungsfällen entschädigen müssen. Haftungsfälle wären zum Beispiel Nebenwirkungen. Genauere Informationen seitens der Kommission bleiben jedoch aus.
Hier können Sie unsere Petition für Transparenz und einen weltweit gerechten Zugang zu Corona-Impfstoffen unterstützen. Weiterführende Informationen zur Impfstoffstrategie der Kommission gibt es hier und hier geht es zur Anfrage sowie der Antwort der Kommission.