Internationaler Tag der Feuchtgebiete – We want Moor!
ARTIKEL, Sonntag, 02. Februar 2020, Brüssel
Feuchtgebiete wie unsere Moore sind ein zentraler Schlüssel, um den Klimawandel und seine Folgen in den Griff zu bekommen. Nicht nur das, auch die Artenvielfalt profitiert davon. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind jedoch ca. zwei Drittel der Feuchtgebiete weltweit, z.T. durch systematisches Trockenlegen – verschwunden. Wir brauchen mehr Moore!
Ramsar Abkommen
Am 2. Februar 1971 wurde in der iranischen Stadt Ramsar das „Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, von internationaler Bedeutung“ beschlossen. Das sogenannte Ramsar Abkommen ist eines der ältesten internationalen Vertragswerke zum Naturschutz.
Die Vertragsparteien haben sich selbst dazu verpflichtet, vier Hauptforderungen umzusetzen:
- Schutz von Feuchtgebieten
- Förderung der internationalen Zusammenarbeit beim Schutz von Feuchtgebieten
- Förderung des Informationsaustausches über Feuchtgebietsschutz und
- Unterstützung der Arbeit der Konvention
Diese Verpflichtungen werden durch mehrere europäische Richtlinien und Umweltrecht auf nationaler Ebene hinterlegt – leider haben wir aber auch hier ein Umsetzungsproblem. Oft genug werden Feuchtgebiete weiterhin trockengelegt, Flächen versiegelt, und in Handelsabkommen spielt der Schutz der Feuchtgebiete überhaupt keine Rolle.
Die europäische Umweltagentur stellt in ihrem Bericht zum „Zustand und Ausblick der europäischen Umwelt“ (SOER 2020) fest, dass seit 2000 4.335 km² Feuchtgebiete in Europa verschwunden sind. Sümpfe, Moore und Marsche zeigen dabei die schlechtesten Erhaltungszustände. Die größte Gefahr für diese Gebiete ist die Trockenlegung und Umwidmung in Acker- oder Bauland; dicht gefolgt vom Klimawandel
No Moor CO2 – Moore binden CO2
Intakte Moore sind ein Kohlenstoffspeicher, Moore speichern doppelt so viel Kohlenstoff in ihren Torfen wie in den Wäldern weltweit enthalten ist. Durch Aufnahme organischen Materials unter sauerstoffarmen Bedingungen lagern sie kontinuierlich Kohlenstoff ein. Wird ein Moor jedoch entwässert, verwandelt es sich in eine Treibhausgasquelle: nicht nur CO2 und Methan, auch Lachgas wird freigesetzt, welches 300* so stark treibhausgaswirksam ist wie CO2. In Zeiten der Klimakrise unglaublich: in Irland werden nach wie vor Torfheizkraftwerke betrieben, in Niedersachsen und im Baltikum wird Torf industriell abgebaut und als Substrat für den gewerblichen Gartenbau verkauft. In jedem Salatkopf steckt also Moorzerstörung!
Das alte Moor und das Meer – Natürliche Puffer
Feuchtgebiete an Meeren und Ozeanen bremsen Wellen und Sturmfluten, welche ansonsten ungehindert auf menschliche Siedlungen treffen würden. Feuchtgebiete an Flüssen wirken als Puffer bei Hochwasser oder Überschwemmungen. Die Zerstörung der Auenwälder des Oberrheins im Zuge der Rheinbegradigung im 19. Jahrhundert hat erheblich zur Zunahme der Hochwasserereignisse am Niederrhein beigetragen.
Gut für den Klima- & Wasserhaushalt
Moore bestehen zu 95 Prozent aus Wasser und spielen eine wichtige Rolle im Wasserhaushalt. Wenn es heiß und trocken ist, geben Feuchtgebiete ihr gespeichertes Wasser an umliegende Landschaften, Flüsse und ins Grundwasser ab. Außerdem sorgen sie für ein kühles Mikroklima und filtern und verbessern Oberflächen- sowie Grundwasser.
Mehr Moore, mehr Vielfalt
Moore bieten einen einzigartigen Lebensraum für viele selten gewordene Tierarten, wie Waldwasserläufer, Hochmoorgelbling und Moorfrosch. Auf den nährstoffarmen Böden und bei dem vorherrschenden niedrigen pH haben nur „Spezialisten“ eine Chance – die andernorts von wuchsstärkeren Pflanzen verdrängt würden: Sonnentau, Scheidiges Wollgras oder Rauschbeere sind typische Moorbewohner, die nirgends sonst vorkommen. Aber auch für viele Zugvögel sind Niedermoore wichtige Zwischenstationen auf ihren langen Reisen zwischen Sommer- und Winterquartier.
Hangmoore, Amore!
Ein Beispiel für ein besonders wertvolles, europäisch geschütztes Feuchtgebiet sind die Hangmoore am Südhang des Erbeskopfes im rheinland-pfälzischen Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Vor ca. 150 bis 200 Jahren wurden die Hangbrücher im Hunsrück massiv entwässert, um auf dem Gebiet Holz zu produzieren. Durch die Entwässerung und den Anbau von Fichten wurden die Hangmoore stark degradiert und die Ökosystemfunktionen dieser seltenen Biotope extrem gestört.
Das EU-LIFE Projekt versucht nun, einen Teil der in der Vergangenheit erfolgten Zerstörung rückgängig zu machen und finanziert die Hälfte der Renaturierungskosten. Um der Natur die Möglichkeit zu geben, ein Mosaik an Brüchen, feuchten Wäldern und Wasserläufen (wieder) zu entwickeln, werden Fichten entnommen, natürliche Wasserläufe wiederhergestellt und Entwässerungssysteme ausgebaut. So können sich hier die Bestände von Moosen, Mooreidechsen und arktischen Smaragdlibellen erholen und wieder neue Lebensräume finden.
Gerade angesichts unserer Klima- und Biodiversitätskrise braucht es dringend mehr Moore und Feuchtgebiete!